Vorsorge, Steuern, Rechtliches
Was meist als Knäuel vieler Detailfragen daherkommt, lässt sich ordnen, z. B. in die drei Themenkreise: Vorsorge und Versicherungen, Steuern, Rechtliches. Dieser Artikel soll einen Überblick über einige wichtige administrative Themen und Fragestellungen nicht nur freischaffender Musikerinnen und Musiker bieten.
Was meist als Knäuel vieler Detailfragen daherkommt, lässt sich ordnen, z. B. in die drei Themenkreise: Vorsorge und Versicherungen, Steuern, Rechtliches. Dieser Artikel soll einen Überblick über einige wichtige administrative Themen und Fragestellungen nicht nur freischaffender Musikerinnen und Musiker bieten.
Spätestens beim Ausfüllen der Steuererklärung rauchen freischaffenden Musikern und Musikerinnen die Köpfe. Was habe ich eigentlich verdient dieses Jahr? Wie deklariere ich Konzertgagen, die ich im Ausland bekommen habe? Darf ich den Flug nach Wien abziehen? Und den Klavierstimmer? Und wie geht das überhaupt mit der AHV? …
1. Vorsorge und Versicherungen
Das schweizerische Vorsorgesystem beruht auf dem sogenannten Drei-Säulen-Prinzip. Die erste Säule ist die AHV, die staatliche Alters- und Hinterbliebenenversicherung. Sie soll das Existenzminimum für Menschen im Rentenalter sichern. Die AHV ist obligatorisch, wer es verpasst, die jährlichen Beiträge einzuzahlen, riskiert Kürzungen der Rente.
Die zweite Säule ist die Pensionskasse, die berufliche Vorsorge BVG. Sie hat das Ziel, im Pensionsalter den bisherigen Lebensstandard zu erhalten. Die Pensionskassen sind privat organisiert und daher sehr unterschiedlich ausgestaltet. Jeder Mensch in einem Anstellungsverhältnis ist an eine Pensionskasse angeschlossen, die Arbeitgeberin und der Arbeitnehmer bezahlen jeweils die Hälfte der monatlichen Beiträge. Ganz anders sieht es für freischaffende Berufsleute aus, sie gehören grundsätzlich keiner Pensionskasse an. Wer sich zugunsten des eigenen Alterssparens dennoch einer Pensionskasse anschliessen will, kann dies z.B. bei der Pensionskasse Musik und Bildung tun.
Dann gibt es noch eine dritte Säule: Das freiwillige Sparen, unterteilt in das gebundene und das ungebundene Sparen. Beim gebundenen Sparen (Säule 3a) können die einbezahlten Gelder erst mit dem Pensionsalter bezogen werden. Ungebundenes Sparen ist das Einzahlen auf jedes Sparkonto – dieses Geld können Sie jederzeit wieder beziehen. Für freischaffende Berufsmenschen ohne zweite Säule spielt das freiwillige Sparen eine wichtige Rolle.
Checkliste
Die nachfolgende Checkliste kann Ihnen helfen, einen Überblick über Ihre Vorsorgesituation zu bekommen.
1. Säule – die AHV
Bin ich bei einer AHV-Ausgleichskasse (in der Regel des Wohnkantons) als selbständig erwerbend angemeldet?
oJa: keine Schritte nötig
oNein: Mit der Ausgleichskasse des Wohnkantons Kontakt aufnehmen für die Anmeldung
Habe ich meine Beiträge regelmässig einbezahlt (mindestens 480 Franken pro Jahr)?
oJa: Keine Schritte nötig
oNein: Bei der Ausgleichskasse einen Auszug Ihres individuellen Kontos bestellen. Diesen sofort prüfen und falls Sie Lücken in den letzten 5 Jahren entdecken, mit der Ausgleichskasse Kontakt aufnehmen, um die Beträge nachzuzahlen. Lücken, die mehr als 5 Jahre zurück liegen, können nicht mehr gefüllt werden.
Gut zu wissen:
– Freischaffende erhalten monatliche oder quartalsweise Rechnungen von der AHV für ihre Beiträge. Erst nach der Abgabe der Steuererklärung bestimmt die AHV das definitive Einkommen. War dieses höher als die Grundlage der einbezahlten Beträge, flattert eine Nachbelastung ins Haus – inklusive saftige Verzugszinsen, manchmal über ein bis zwei Jahre! Um so einer unliebsamen Überraschung vorzubeugen lohnt es sich, der AHV ein Einkommen zu melden, das eher über den Erwartungen liegt (auf diese Weise zahlt die AHV Ihnen Zinsen und die zu viel bezahlten Beträge werden zurückerstattet). Diese Meldung kann jederzeit telefonisch oder schriftlich bei der Ausgleichskasse gemacht werden.
– Wer mit dem Pensionsalter eine Rente beziehen will, muss sich bei der AHV melden – das läuft nicht automatisch.Weiterführende Links:
–http://www.ausgleichskasse.ch (Verzeichnis der kantonalen Ausgleichskassen)
–https://www.svazurich.ch (Ausgleichskasse des Kantons Zürich)
–https://www.ahv-iv.ch (Informationsstelle der AHV mit vielen Merkblättern und Broschüren)
2. Säule – die berufliche VorsorgeWill/soll ich mich einer Pensionskasse anschliessen?
oVorteile:– Das Sparen funktioniert, ohne dass ich mich ständig darum kümmern muss
– Die Pensionskassen versichern auch Risiken (Krankheit, Witwenrenten, Invalidenrenten)
– Beiträge können von den Steuern abgezogen werdenoNachteile
– Freischaffende müssen für Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge aufkommen
– Je später ich einsteige, desto weniger habe ich davon
– Die Entwicklung der Pensionskassen und der Renten ist ungewiss (sinkender Umwandlungssatz)
Gut zu wissen:
Hatten Sie eine feste Anstellung und sind jetzt zu 100% freischaffend? Dann sollten Ihre Sparbeiträge auf ein Sperrkonto einbezahlt worden sein. Falls nicht, ist es möglich, dass das Geld immer noch bei der Pensionskasse des damaligen Arbeitgebers liegt – es lohnt sich, dort nachzufragen. Nach einigen Jahren bezahlen die Pensionskassen solche verlorenen Gelder an die Stiftung Auffangeinrichtung BVG ein. Dort liegen zurzeit ungefähr 3 Milliarden vergessene BVG-Gelder. Sie können sich bei der BVG-Zentralstelle nach Ihrem Pensionskassengeld erkundigen: http://www.zentralstelle.ch
Weiterführende Links:
–http://www.musikundbildung.ch/de (Pensionskasse Musik und Bildung)
– http://www.bsv.admin.ch/themen/vorsorge/00039/00335 (Bundesamt für Sozialversicherungen mit Infos zur beruflichen Vorsorge)3. Säule – freiwilliges Sparen
Für alle Berufstätigen ohne zweite Säule ist das freiwillige Sparen sehr wichtig – die AHV-Rente ist bescheiden und genügt nicht zum Leben. Das gebundene Sparen läuft entweder über ein Bankkonto 3a oder über eine Lebensversicherung – allerdings liefern letztere in den vergangenen Jahren meist keine sehr guten Angebote.
Berufstätige ohne zweite Säule können in der Steuererklärung einen sehr viel höheren Betrag für das freiwillige Sparen abziehen (maximal 33ʼ840 Franken bzw. 20% des Einkommens).
Um einen vernünftigen Umgang mit Vorsorgefragen zu finden, braucht es einen weiten Blick. Nebst den technischen Möglichkeiten der drei Säulen spielt das Umfeld eine Rolle. Die Situation wird anders betrachtet, wenn der Ehepartner beispielsweise eine feste Anstellung mit gutem Verdienst und hervorragender Pensionskasse hat. Ebenso berücksichtigt werden müssen der individuelle Drang nach Unabhängigkeit, die Schwankungen des Einkommens, berufliche Zukunftspläne und die Vermögenssituation.
Weitere Versicherungen
Haftpflichtversicherung
Eine private Haftpflichtversicherung ist für die meisten eine Selbstverständlichkeit. Klären Sie mit Ihrer Versicherung, ob diese auch für Schäden aufkommt, wenn Sie beruflich unterwegs sind – nicht alle Versicherungen sind gleich. Falls Sie eine Berufshaftpflichtversicherung brauchen, ist ein Abschluss zu empfehlen. Haftpflichtschäden sind zwar selten, können aber eine finanzielle Existenz ruinieren, insbesondere, wenn andere Personen zu Schaden kommen.
Unfallversicherung
Auf eine Unfallversicherung sollten Sie nicht verzichten – sie ist günstig und wichtig. Selbständig Erwerbende erkundigen sich am besten bei der Krankenkasse nach einem Unfall-Zusatz.
Krankentaggeldversicherung
Über eine Krankentaggeldversicherung können Sie Ihr Einkommen im Krankheitsfall versichern. Diese sind meist recht teuer, Sie können die Prämien aber mit Wartefristen senken. Das heisst, wenn die Krankentaggeldversicherung erst nach einem, zwei oder sogar nach drei Monaten nach Ausbruch einer Krankheit bezahlen muss, sinkt die Prämie deutlich. Das Abwägen von Nutzen und Kosten bei einer Krankentaggeldversicherung ist eine individuelle Sache. Niemand möchte langfristig krank werden, dennoch lohnt es sich zu überlegen, was für Konsequenzen dies haben könnte. Leben Sie in einem Umfeld, das von Ihrem Einkommen abhängig ist, z.B. Ihre Familie? Oder leben Sie in einer Partnerschaft, die nicht auf zwei Einkommen angewiesen ist?
Sachversicherungen
Über Sachversicherungen lassen sich beispielsweise wertvolle Instrumente versichern.
Versicherungsanbieter
Alle diese Versicherungen finden Sie bei privaten Anbietern. Meist lohnt es sich, mehrere Offerten einzuholen und sich diese von einem Versicherungsvertreter erklären zu lassen. Oder Sie lassen sich von einem unabhängigen Versicherungsspezialisten beraten.
Ein umfassendes Angebot bietet beispielsweise Axa Winterthur, zum Teil mit Vergünstigungen für Musikerinnen und Musiker, die an VMS-Musikschulen tätig sind. Persönliche Beratung: Telefon 061 284 66 66 oder AXA.ch/vms
Der SMPV hat für seine Mitglieder bei diversen Anbietern verschiedene Vergünstigungen ausgehandelt (Instrumentenversicherung, Rechtsschutz, Krankenkasse, Lohnausfall): http://www.smpv.ch/zv_mitglieder_verguenstigungen.cfm?p=1252
Dasselbe gilt für den SMV (Zusatzversicherungen Krankenkasse, Krankentaggeld, Unfallversicherung, Privatversicherung, Instrumentenversicherung): http://smv.ch/service/dienstleistungsangebot-fur-smv-mitglieder
Informationen zu den Sozialversicherungen gibt es auf der Website des Bundesamtes für Sozialversicherungen: http://www.bsv.admin.ch/kmu/ratgeber/index.html?lang=de
Noch ein Wort zur Arbeitslosenversicherung: Es gibt keine Möglichkeit, sich als Freischaffende gegen Arbeitslosigkeit zu versichern. Diese ist den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vorbehalten.
- Grafik: Franziska Weber
2. Steuern
Grundsätzlich gilt: Wer in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtig ist, muss sein gesamtes Vermögen und sein gesamtes Einkommen in der Steuererklärung deklarieren – auch wenn dieses im Ausland liegt oder im Ausland verdient wurde. Einige Besonderheiten:
Quellensteuer
Es kann sein, dass Ihnen bei einem Auftritt im Ausland die Quellensteuer von der Gage abgezogen wurde. Machen Sie für Ihre Steuererklärung zwei Aufstellungen, je eine für das Einkommen mit bzw. ohne Quellensteuer. Das Steueramt wird Ihr bereits versteuertes Einkommen nicht ein zweites Mal versteuern, aber es braucht die Angabe, um Ihren Steuersatz festzulegen.
Einkommen
Wenn Sie eine feste Teilzeitanstellung haben, erhalten Sie von Ihrem Arbeitgeber einen Lohnausweis. Dieses Einkommen kommt separat in die Steuererklärung und hat mit dem selbständigen Einkommen nichts zu tun. Das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit deklarieren Sie separat.
Abzüge
Grundsätzlich gilt: Auslagen, die zur Ausübung Ihrer selbständigen Tätigkeit nötig sind, dürfen Sie in der Steuererklärung abziehen. Also Reisespesen, Transportkosten, Fachliteratur, Noten, Instrumentenreparaturen, Klavierstimmer, Studiomieten etc. Ein gesundes Mass ist wichtig bei Dingen, die Sie privat sowie beruflich nutzen, wie z.B. das Handy. Wenn Sie Ihr Handy 50% privat und 50% beruflich nutzen, dann ziehen Sie 50% der Handykosten ab.
Es ist möglich, dass die Abzüge das Einkommen übersteigen. Das Steueramt akzeptiert dies aber nur eine gewisse Zeit (ca. 3 Jahre).
Wichtig: Belege über Einkommen und Abzüge aufbewahren!
Das Ausfüllen der Steuererklärung für Freischaffende ist recht kompliziert. Oft lohnt es sich, einen Treuhänder für eine Beratung oder das Ausfüllen der Steuererklärung beizuziehen.
Die meisten Kantone bieten auf ihren Websites eine Software an, welche das Ausfüllen der Steuererklärung wesentlich erleichtert. Die Menuführung ist einfach und stellt die richtigen Fragen, so dass auch Abzüge weniger vergessen gehen. Der Download dieser Software ist kostenlos.
Im Kanton Zürich Wohnhafte finden die Software «PrivatTax» hier: https://www.steueramt.zh.ch/internet/finanzdirektion/ksta/de/steuererklaerung/software.html
3. Rechtliches
Solange Sie sich alleine in der freien Wildbahn bewegen, sind Sie rechtlich mit trockenen Füssen unterwegs. Sobald Sie sich aber mit anderen zusammentun, kann es rutschig werden … Und da es trotzdem viel Spass macht, gemeinsam Projekte zu verwirklichen, hier zwei Situationen, die unsere Beachtung verdienen.
Situation 1: Das Kammermusikensemble als einfache Gesellschaft
Sie musizieren mit zwei Freunden im Klaviertrio und veranstalten ein Konzert. Leider haben Sie sich etwas verkalkuliert, die Einnahmen decken die Ausgaben nicht und Sie müssen die Saalmiete aus eigener Tasche bezahlen. Zwar hat Ihr Freund, der Geiger, das Konzert organisiert, da er und auch die Cellistin nicht flüssig sind, wendet sich der Saalvermieter mit seiner Forderung an Sie. Müssen Sie für die Saalmiete aufkommen?
Ja, Sie müssen, denn als Kammermusikensemble sind Sie eine einfache Gesellschaft. Diese Rechtsform tritt immer dann in Kraft, wenn mehrere Personen einen gemeinsamen Zweck verfolgen und keine andere Rechtsform beschlossen wurde. Das Obligationenrecht besagt unter anderem, dass die Gesellschafter gegenüber Dritten solidarisch haften, sofern sie nichts anderes vereinbart haben – deshalb kann der Vermieter die Saalmiete von Ihnen verlangen.
Wie so oft in rechtlichen Dingen gilt auch hier: Solange alles gut geht, wird sich niemand für Ihre Rechtsform interessieren, und wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter. Dennoch ist es sinnvoll zu wissen, in welchem rechtlichen Rahmen man als Ensemble unterwegs ist.
Situation 2: Der Projektleiter als Arbeitgeber
Sie möchten mit ein paar Musikern eine Kammeroper aufführen und haben sich bereit erklärt, das Projekt zu managen. Die Korrespondenzadresse ist Ihre Heimadresse, die Verträge mit den Musikern stellen Sie aus. In dieser Situation treten Sie als Einzelfirma auf – und Sie sind Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberin. Das heisst, Sie müssen die Musiker, mit denen Sie einen Vertrag abschliessen, bei der AHV anmelden und die AHV auch abrechnen. Es sein denn, Sie arbeiten mit selbständig erwerbenden Musikern zusammen – dann aber sollten sie von diesen eine – von der AHV ausgestellte – Bestätigung über die selbständige Erwerbstätigkeit verlangen. Die AHV wiederum wird von Ihnen verlangen, dass Sie für Ihre Mitarbeiter eine Unfallversicherung abschliessen.
Wenn Sie planen, mehrere Projekte zu leiten, ist es sinnvoll, die Gründung eines Vereins in Erwägung zu ziehen. Ein Verein ist einfach zu gründen und er haftet nur mit dem Vereinsvermögen, Ihr privates Geld ist so nicht ins Projekt involviert.
Urheberrecht
Ein weiteres, komplexes rechtliches Thema ist das Urheberrecht. Drehscheibe für alle rechtlichen Belange rund um das Urheberrecht im Musikbusiness ist die Suisa, die auf ihrer Website www.suisa.ch eine Fülle von Informationen für Nutzer, Musikproduzentinnen, Interpreten und Komponistinnen bietet.
Die Autorin
Franziska Weber ist Pianistin mit Lehrdiplom und Treuhänderin mit eidg. Fachausweis. Auf ihrer Website finden Sie weitere Informationen und Links zum Thema.