Viavai, ein Schmugglerrucksack randvoll mit Kultur
«Kulturschmuggel Schweiz-Lombardei» – so lautet der Untertitel des von Pro Helvetia geförderten Programms zum binationalen Kulturaustausch, das im Hinblick auf die Expo 2015 in Mailand von Herbst 2014 bis Frühling 2015 stattfinden soll.
«Kulturschmuggel Schweiz-Lombardei» – so lautet der Untertitel des von Pro Helvetia geförderten Programms zum binationalen Kulturaustausch, das im Hinblick auf die Expo 2015 in Mailand von Herbst 2014 bis Frühling 2015 stattfinden soll.
Das Wort «Schmuggel» steht für einen heimlichen Transport von Waren, eine an der Grenze zwischen der Schweiz und Italien wohlbekannte Realität. Viavai will dem kulturellen und künstlerischen Austausch zwischen den beiden durch die Italianità, die italienische Wesensart, verbundenen Ländern auf den Grund gehen.
Eine Expertenjury hat 19 Projekte ausgewählt, die den Einfluss der italienischen Sprache und Kultur in den Grenzgebieten und die Beziehung zwischen Kunst und Technologie auf der transalpinen Achse erforschen wollen. Ebenso soll die Zusammenarbeit zwischen schweizerischen und italienischen Institutionen und Akteuren in der Kulturszene angekurbelt werden. Die Musik darf in dieser Auswahl selbstverständlich nicht fehlen.
Projekte in Bewegung
Fangen wir also im Tessin an, dem Begegnungsort zwischen Schweizern und Italienern schlechthin, um eine Übersicht über die Projekte mit musikalischem Hintergrund von Viavai zu gewinnen. Die elfte Ausgabe von La Via Lattea, ein vom Teatro del tempo durchgeführter Anlass, wird seine «Pilger» per Schiff auf den Luganer- und Comersee führen. Die diesjährige Veranstaltung hat zu Ehren Fellinis den Titel E la nave va und wird sich über die vier Sonntage 28. September, 5., 12. und 19. Oktober erstrecken. Die einzelnen Etappen sind in unterschiedlichster Weise mit dem Thema Italianità verbunden und schliessen Konzerte, Theateraufführungen, Filme, Performances, Lesungen und Installationen mit ein. Die aufgeführten Musikstücke spannen einen Bogen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Auf dem Programm steht auch eine Uraufführung und am letzten Tag ist die Mitwirkung des Orchestra della Svizzera Italiana vorgesehen.
Eng verbunden mit dem Tessin ist auch das Projekt Soundlab. Das Ziel der Initianten ist nicht, neue kulturelle Beiträge zu kreieren, sondern das Beste des bereits in der Musikszene der italienischen Schweiz Vorhandenen auszuwählen und hervorzuheben. Acht Gruppen – Camilla Sparksss, Francesca Lago, Maxi B, Lonesome Southern Comfort Company, Peter Kernel, Third Reel, The Pussywarmers und The Vad Vuc –, die alle in der italienischen Schweiz bekannt und geschätzt sind, werden die Gelegenheit bekommen, aufzutreten und ihre Medienpräsenz in der Schweiz und in Italien zu verstärken. Soundlab bemüht sich um die künstlerische Entwicklung indem es dichterische und expressive Besonderheiten unterstützt. .
Anlässe hüben und drüben
Die musikalisch-theatralische Aufführung XiViX Op. 1515 pour Mannequins & Ensemble ist ein anderes Angebot, das für Viavai ausgewählt wurde. Im Januar 2015 soll das Projekt im Théâtre Crochetan im Wallis im Rahmen des Oh! Festivals vorgestellt und im Anschluss daran auf einer Europatournee gezeigt werden. Es handelt sich um eine Betrachtung über die Rüstungen des modernen Menschen und jener, die die Schweizer Söldner während der Italienischen Kriege trugen, hauptsächlich in der Schlacht von Marignano, deren 500. Jahrestag ins Jahr 2015 fällt. Das Projekt präsentiert die Werke von 24 schweizerischen und italienischen Komponisten und Kreativen (Modedesign, darstellende Kunst, Architektur etc.). Im Rahmen einer szenischen Performance, konzipiert vom Regisseur Stefan Hort und musikalisch begleitet vom Klangbox Ensemble, werden zwölf aussergewöhnliche, fantastische Gewänder vorgestellt. Jedem Gewand entspricht eine Originalkomposition, hervorgegangen aus dem Austausch zwischen einem lombardischen und einem schweizerischen Künstler. Urheber und künstlerischer Leiter des Projekts ist Pascal Viglino.
Mit Transmedia ist eine Serie von Events geplant, die im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen dem Kunstraum Walcheturm in Zürich und den Mailänder Partnern Careof, Die Schachtel und Spazio O’ entwickelt wurden. Während eines Wochenendes werden zwei audio-visuelle Aufführungen, ein Sound Live Act, ein Videoscreening und eine Installation gezeigt. Ein Teil dieses Projekts wird im Forum Wallis, im Rahmen des Festivals für Neue Musik, realisiert: Hier sind die Klanginstallation und der Sound Live Act vorgesehen. Der Kunstraum Walcheturm wird seinerseits mit einem Konzert, einem Videoscreening und zwei audio-visuellen Aufführungen bei Careof in Mailand zu Gast sein. Das Ganze wird komplettiert durch eine Klanginstallation bei Spazio O’.
Musik und Territorium in der Geschichte
Drei Projekte beschäftigen sich mit der Musik als Mittel zur Erforschung der Landschaft und der Menschen: LapTopRadio wird mit Radio Tramontana ein mobiles Studio schaffen, das sich zwischen der Lombardei und der Schweiz bewegt. Es soll grenzüberschreitend dem kulturellen Austausch und den in den Sechziger- und Siebzigerjahren vom Radio hinterlassenen Spuren nachgehen. Vedi alla voce, ein Projekt der Walliser Schule für Gestaltung, konzentriert sich auf die Geschichte der italienischen Immigranten im Wallis, vor allem aus dem Blickwinkel der Frauen. Dank der mobilen Tonarchive, die verschiedene Orte besuchen werden, kann auch volkstümliche Musik vorgestellt werden. Ma partono cantando con la speranza in cuor, Projekt des Dicastero Museo e Cultura di Mendrisio, konzentriert sich auf die Geschichte der ins Tessin geflüchteten Anarchisten, ihre besondere Situation und die damit verbundenen künstlerischen Ausdrucksweisen, wobei die Musik natürlich eine wichtige Rolle spielt.