Eintauchen in Wiener Klänge
Auf einem Fortepiano des Wiener Klavierbauers Konrad Graf stellt Eloy Orzaiz Werke von Hummel und Schubert nebeneinander.
Hier Johann Nepomuk Hummel, dort Franz Schubert. Die beiden Komponisten sind Zeitgenossen, doch stilistisch voneinander entfernt. Der einstige Mozart-Schüler Hummel schreibt in einem eleganten postklassischen Stil, gewürzt mit einer Virtuosität, die um 1800 en vogue ist in Wiener Konzertsälen oder Musiksalons. Schuberts Musik ist vergleichsweise dezent-hintergründiger, auch harmonisch reicher. Hört man sich ein in die CD La Contemplazione des spanischen Pianisten Eloy Orzaiz, ist nachzuvollziehen, warum eher Schubert zum Vorläufer oder Wegbereiter für das 19. Jahrhundert wurde.
Orzaiz ist Spezialist für historische Aufführungspraxis, ausgebildet unter anderem an der Schola cantorum in Basel. Hummels und Schuberts Klavierwerke spielt er auf einem Fortepiano aus der Werkstatt des in Wien äusserst beliebten Klavierbauers Conrad Graf. Viel schlanker als auf einem modernen Flügel klingt es, auch subtiler. Orzaiz entlockt dem 1826 oder 1827 gebauten Instrument reiche Klangfarben, die noch mehr zur Entfaltung gekommen wären, wenn er die Tempi nicht so strapaziert hätte. In Hummels Grande Sonate Brillante op. 106 unterstreicht er die virtuosen Aspekte zu sehr. Und gerade in Schuberts so rätselhaftem Spätwerk, zu dem die hier eingespielten Drei Klavierstücke D 946 gehören, ist das Tempo ein neuralgischer Punkt. Das erste Klavierstück in es-Moll wirkt etwas gehetzt. Und im zweiten in Es-Dur fehlt der Musik das leicht Federnde, damit auch die Tempo-Variation.
Nichtsdestotrotz: Diese ansprechend gestaltete CD macht Hörfreude mit abwechslungsreicher Musik – auch mit ihren historischen Qualitäten, die ein unmittelbares Eintauchen in den «Wiener Klang» der 1820-er-Jahre möglich macht.
La Contemplazione. Hummel, Schubert. Eloy Orzaiz, Fortepiano Graf. lbs classical 182023