Klassiker und Kuriosa
Sarah Rumer und Ulrich Koella begeben sich auf die Reise mit tschechischer Musik für Flöte und Klavier.
Wer beim Stichwort tschechische Kammermusik vorab an solche für Streichinstrumente denkt, sollte nicht übersehen, dass eine der meistgespielten Flötensonaten von einem tschechischen Komponisten stammt. Zusammen mit den Sonaten von Poulenc und Prokofjew zählt die 1945 im amerikanischen Exil entstandene von Bohuslav Martinů zu den beliebtesten Repertoirestücken. Die lange Kette von Einspielungen wird jetzt durch eine schweizerische Produktion erweitert, die aufhorchen lässt. Mit der in Zürich geborenen Soloflötistin des Orchestre de la Suisse Romande, Sarah Rumer, und dem an der Zürcher Hochschule der Künste lehrenden Pianisten Ulrich Koella legt das Zürcher Label Prospero unter dem Motto Slavonic Journey eine CD vor, die nebst Standardwerken auch wenig bekannte Kuriosa anbietet.
Schon Martinůs Meisterwerk erfährt eine bewundernswerte Interpretation. Nebst weit gespannten Atembögen in flinken Sechzehntelpassagen stechen die mit feinstem Rubato gespielten, pianissimo hingehauchten Übergänge von vertikalen Partien zu horizontal-linearen hervor. Den musikantischen Ecksätzen der Sonate von Jindřich Feld bleiben die Flötistin und der Pianist nichts an Brillanz schuldig. In Felds Quatre pièces für Soloflöte zitiert die «Hommage à Bartók» aus dessen Concerto for orchestra. Erwin Schulhoffs wieder häufig anzutreffende Sonate lädt das Duo mit der nötigen Spielfreude an den vielen Ostinati und harmonischen Reibungen auf.
Durch ihre Heirat mit dem Schriftsteller Jiří Mucha, dem Sohn des Jugendstilmalers Alfons Mucha, wurde die Londoner Komponistin Geraldine Thomson tschechische Staatsbürgerin und darum in diese Produktion aufgenommen. Ihr Naše cesta (Unsere Reise) betitelter Beitrag zeichnet sich durch Eleganz und volksliedhafte Melodik aus. Dem Reisethema tragen im einfallsreich gestalteten Booklet diverse Fotos des Prager Hauptbahnhofs Rechnung.
Der ins Bläsersextett Mládí (Jugend) integrierte, schrill repetierende Marsch der Blaukehlchen von Leoš Janáček für Piccolo und Klavier leitet seinen vermeintlich ornithologischen Titel von blauen Chorknabenuniformen ab. Mit Sarah Rumers kurioser Übertragung der Slawischen Fantasie von Fritz Kreisler erklingt die Transkription einer Transkription, setzt sich letztere doch aus Kreisler Bearbeitung zweier Themen von Dvořák zusammen.
Slavonic Journey (Martinů, Feld, Schulhoff, Mucha, Janáček, Dvořák/Kreisler). Sarah Rumer, Flöte; Ulrich Koella, Klavier. Prospero PROSP0049