Aus einem anderen Firmament
Die vier Musikerinnen und Musiker von Quiet Island berücken auf «push/pull» mit neblig-zartem Gesang.
Anarchistisch angehauchte DIY-Experimente, multikulturelle Fusionsklänge und atmosphärischer Rap stellen mittlerweile so etwas wie eine stilistische Orthodoxie von Genf dar (siehe SMZ 11/2023, Der Sound der besetzten Häuser). Aber die Stadt verfügt auch über allerhand «Outliers». Am einen Ende des Spektrums steht die Extrem-Metal-Band Rorcal, die auf der Suche nach dem «Unausdrückbaren» bei einem pechschwarzen Sound-Sturm gelandet ist. Am anderen finden wir Quiet Island, ein Quartett von vier Stimmen – eine Frau, drei Männer – und einem Instrumentarium von zurückhaltend gezupften Gitarren, Cello, Querflöte und einem Hauch Synthi. push/pull ist ihr drittes Album.
In früheren Tagen gewannen sie einmal die Kategorie «Pop» bei der Demotape-Clinic am m4music-Festival. Dabei liegt ihre elegante, fein ziselierte Musik meilenweit entfernt von poppigem Alltagsschaum. Leicht wie Gaze legen sich die vierstimmigen Gesangsharmonien über Bossanova-artige Beats, die viel Raum belassen für die unaufgeregten Riffs oder das sanfte Gezupftwerden einer diskret-jazzigen Gitarre. Kurioserweise hat die Band ihr schönstes Stück, Frozen Lake, ganz am Schluss dieses berückend nebligen Albums vergraben. Dabei ist der urplötzliche Holzbläsereinsatz ein veritabler Glanzmoment.
Vergleiche? The Swingle Singers vielleicht oder Fifth Dimension und Simon & Garfunkel. Nur halt alles in Zeitlupe vorgetragen und aus einem anderen Firmament eingebeamt.
Quiet Island (Julien Dinkel, Voice, Drums, Guitar; Julien Henchoz, Voice, Guitar, Piano; Louise Meynard, Voice, Bass, Cello; Laurent Zito, Voice, Guitar,Transverse Flute): push/pull. Red Brick Records