Harfen-Trouvaillen

Sarah O’Brien hat zum Teil kaum bekannte Impromptus für Harfe gesucht und gefunden. Es sind lohnende Stücke, die die klanglichen Eigenheiten des Instruments zur Geltung bringen.

Sarah O’Brien. Foto: zVg

Die Basler Harfenistin Sarah O’Brien legt mit Impromptu ihr zweites Solo-Album vor. Sie nutzte die schwierige Corona-Pause, um ihren lange gehegten Wunsch zu verwirklichen. Auf ihrer ständigen Suche nach originalen Harfenstücken, die zum Teil noch in Archiven schlummern, ist sie fündig geworden. Man staunt, wie viele der hier versammelten man so gut wie nie im Konzertsaal hört. Sich in diese originell zusammengestellte CD reinzuhören, lohnt sich unbedingt.

Impromptus passen ausgezeichnet zur Harfe, es sind Charakterstücke, haben aber auch etwas Improvisatorisches. Etwa das Impromptu para arpa von Joaquín Rodrigo (1901–1999), von dem man vor allem das Gitarrenkonzert kennt. Oder dann das klangschöne Impromptu von Joseph Guy Marie Ropartz (1864–1955), der ja mit César Franck befreundet war, den man als Komponisten aber kaum kennt. Einige Stücke sind von der bekannten italienischen Harfenistin Clelia Gatti Aldrovandi (1901–1989) inspiriert. Sie arbeitete – wie dies auch Sarah O’Brien tut – mit mehreren Komponisten zusammen, um neue Werke für ihr Instrument zu bekommen. So hat nicht nur Paul Hindemith seine Harfensonate in enger Zusammenarbeit mit Gatti Aldrovandi geschrieben. Auch Nino Rota (1911–1979) und Virgilio Mortari (1902–1993) liessen sich von ihr zu Harfenkompositionen motivieren, in denen sie auf alte Tänze wie Sarabande oder Gaillarde zurückgriffen.

Man hört diesen Werken gut an, dass sie ausgesprochen harfengerecht geschrieben sind. Sie bringen viele Facetten des Instruments zur Geltung, ohne effekthascherisch zu sein. Sarah O’Brien weiss diese raffiniert auszukosten. So kommen etwa in Hindemiths Sonate die ruhig ausgebreiteten klangfarblichen Eigenarten wunderbar zum Tragen.

O’Brien war über 20 Jahre Solo-Harfenistin im Concertgebouw-Orchester Amsterdam und bei den Münchner Philharmonikern, bevor sie Professorin an den Musikhochschulen in Zürich und Basel wurde. Mehrere ihrer Studentinnen und Studenten sind Preisträger internationaler Wettbewerbe. Als Solistin trat sie unter Bernhard Haitink, Hans Vock und Hartmut Haenchen auf, aber auch mit dem Orchestre de la Suisse Romande unter Fabio Luisi und Árpád Gérecz. Zu erleben war sie zudem mit dem Basler Sinfonieorchester und den Kammerorchestern von Basel und Zürich.

Ihre reiche künstlerische Erfahrung kommt nicht nur in den interpretatorischen Qualitäten dieser neuen CD-Einspielung zur Geltung, sondern auch in der dramaturgischen Zusammenstellung der Stücke. Sie ist kontrast- und abwechslungsreich. Die Kompositionen aus dem französischen Barock hat O’Brien selber arrangiert. Es sind zwei lautmalerische Stücke von Jean-Philippe Rameau mit den Titeln Le rappel des oiseaux und La poule, dazu kommt das humorvolle Le Tic-Toc- Choc von François Couperin.

All diese Kostbarkeiten rahmt O‘Brien mit den beiden gewichtigsten und noch am ehesten bekannten Stücken ein: dem Impromptu-caprice op. 9 von Gabriel Pierné (1863–1937) und dem Impromptu Des-Dur op. 86 von Gabriel Fauré (1845–1924). Man muss nicht Harfenfan sein, um diese CD mit Genuss zu hören.

Sarah O’Brien: Impromptu. Audite 97.807

 

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