Zum Jubiläum

Bei ihrer Auswahl von Werken von Frauen für Cello und Klavier haben sich Anna Fortova und Kathrin Schmidlin vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts umgeschaut.

Anna Fortova und Kathrin Schmidlin bei den Aufnahmen. Foto: Claves

Nein, die CD Frauenstimmen, die unlängst bei Claves erschienen ist, enthält keinen Frauengesang. «Stimmen» ist hier anders gemeint. Es geht den beiden Interpretinnen darum, Komponistinnen eine Stimme zu geben. Der Tag der Veröffentlichung passt perfekt: Die Aufnahme mit Musik für Cello und Klavier wurde am 7. Februar, dem 50. Jahrestag der Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz, lanciert.

Die in Prag geborene Cellistin Anna Fortova (*1982) und die Schweizer Pianistin Kathrin Schmidlin (*1990) setzen den Schwerpunkt auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Bei den sechs Komponistinnen handelt es sich überwiegend um bekannte Persönlichkeiten. Weniger bekannt ist vielleicht die Tschechin Vítězslava Kaprálová (1915–1940). Sie studierte bei Dvořák-Schüler Vítězslav Novák in Prag und bei Bohuslav Martinů in Paris. Trotz ihres kurzen Lebens – sie starb mit 25 – hinterliess sie etwa fünfzig Werke. Ihrer Militärsinfonietta (1937), ausgezeichnet mit dem Smetanapreis, war ein grosser Erfolg beschieden. Mit Kaprálovás Ritornell op. 25 (1940) setzen die beiden Interpretinnen einen überzeugenden Auftakt.

Nadia Boulangers (1887–1979) Trois pièces pour violoncelle et piano (1915) gelingen sehr gepflegt in intimer Stimmung. Freude macht das rasante dritte Stück. In den Trois morceaux pour piano (1914) von Lili Boulanger (1893–1918) beweist Kathrin Schmidlin beachtliches Können. Vor allem die Transparenz und Präzision im «Cortège» sind beeindruckend. Die frühe, viersätzige Sonate für Cello und Klavier (1919) der Holländerin Henriëtte Bosmans (1895–1952) ist stark romantisch gefärbt und wird bestimmt durch ausladende Linien und einfache, klare Themen. Angesichts dieser unverblümten Romantik fehlt es der Interpretation hier ein wenig an Intensität. Mit vier Klavierstücken aus Das Jahr von Fanny Hensel (1805–1847) werden die Hörenden rund 100 Jahre zurückversetzt. Am meisten gefällt «September» mit einer fliessenden und luziden Behandlung von Arpeggio und Melodieführung.

Den Schlusspunkt setzt die Komposition ni dónde, ni cómo von Stephanie Haensler (*1986), die Schmidlin und Fortova bei ihr in Auftrag gegeben haben. Das Stück basiert auf dem Text eines chilenischen Künstlerkollektivs zum Thema Gewalt gegen Frauen. Haensler macht sich eine breite Palette kompositorischer Mittel zunutze, um die unterschiedlichsten Stimmungen zwischen Aggression und Stille zu illustrieren.

Frauenstimmen. Werke für Cello und Klavier von Vítězslava Kaprálová, Nadia Boulanger, Lili Boulanger, Henriëtte Bosmans, Fanny Hensel und Stephanie Haensler. Anna Fortova, Cello; Kathrin Schmidlin, Klavier. Claves 3029

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