Joseph Laubers Sinfonien
Beim Label Schweizer Fonogramm ist der erste von drei Tonträgern mit diesen Werken erschienen. Das Sinfonieorchester Biel Solothurn steht unter der Leitung von Kaspar Zehnder.
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«Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.» – Ein Zitat, das neben Thomas Morus auch Gustav Mahler zugeschrieben wird. Auf dem Coverbild der Ersteinspielung von Joseph Laubers Sinfonien Nr. 1 und 2 ist der Schweizer Komponist abgebildet, wie er mit einer Heugabel Zweige auf ein Feuer nachlegt. Dirigent Kaspar Zehnder hat Laubers sinfonisches Werk in der Universitätsbibliothek Lausanne entdeckt und nun mit seinem Sinfonieorchester Biel Solothurn eine auch technisch vorbildliche Aufnahme (Tonmeister: Frédéric Angleraux) beim neuen Label Schweizer Fonogramm vorgelegt. Im Laufe des Jahres werden noch zwei weitere Alben mit den Sinfonien Nr. 3 bis 6 folgen. Keine Asche wird hier ausgegraben, sondern lodernde Glut. Joseph Lauber (1864–1952) zeigt sich in den 1895/96 entstanden Sinfonien zwar nicht als Erneuerer, aber sein Umgang mit der Tradition hat durchaus eine eigene Ausprägung.
Musikalisch orientiert an seinen Lehrern Joseph Rheinberger und Jules Massenet, verbindet er deutsche Spätromantik mit französischem Raffinement in der Farbgestaltung. Eleganz, feine Differenzierung und eine eher flächige Anlage kennzeichnen seine Sinfonik. Und gelegentlich auch Schweizer Lokalkolorit, wenn er die erste Sinfonie mit einer zweistimmigen Alphornmelodie in den Hörnern beginnen lässt, die zwei Flöten als Echo wiederholen und sinfonisch weiterführen. Viele lyrische Ruhepunkte entfaltet die erste Sinfonie, der es an echter Dramatik fehlt. Der warme Streicherklang des Sinfonieorchesters Biel Solothurn wie im feinen Unisono-Beginn des Andante espressivo ist die Grundlage von Zehnders schlüssiger Interpretation. Agogische Flexibilität und dynamische Nuancierung sind weitere Qualitätsmerkmale. In den schnellen Repetitionen wie im Finale schaut auch Felix Mendelssohn um die Ecke. Die zweite Sinfonie in a-Moll verbindet zauberhafte Themen, etwa im Kopfsatz, mit grösseren dramatischen Entwicklungen. Das Andantino, quasi Allegretto erinnert in seiner süsslichen Melancholie an Antonín Dvořák. Böhmen in der Schweiz – auch das ist in Joseph Laubers Musik zu entdecken.
Joseph Lauber: Sinfonien Nr. 1 und 2. Sinfonie Orchester Biel Solothurn, Leitung Kaspar Zehnder. Schweizer Fonogramm