Erstlinge eines neuen Labels
Dem Schweizer Musikleben und einem hohen technischen Standard verpflichtet, veröffentlicht Schweizer Fonogramm seine ersten Aufnahmen.

«Schweizer Fonogramm» – Der Name des jüngsten Schweizer CD-Labels verspricht einiges. Er weckt Assoziationen an die guten alten Zeiten, als Tonträger das künstlerische Mass aller Dinge waren und Glenn Gould das Ende klassischer Konzerte prophezeien konnte. Ja, hier beschwört jemand aufwendig produzierte Tonaufnahmen, im Studio sorgfältig erarbeitete Interpretationen. Und die beiden Labelgründer, die Dirigentin Graziella Contratto und der Geiger und Tonmeister Frédéric Angleraux, tun dies mit einem klaren Bekenntnis zum Schweizer Musikleben.
Auf den ersten beiden Veröffentlichungen ist dieser Schweiz-Bezug vielleicht noch nicht so klar greifbar, dafür präsentieren sich die künstlerischen Leiter gleich selbst als Interpreten von hohem Niveau. Auf double-je spielt Angleraux gemeinsam mit Raphaël Oleg Violin-Duosonaten von Prokofjew, Honegger und Ysaÿe. Besonders fällt dabei das Zusammenspiel der beiden auf. Mit Leichtigkeit verschmelzen sie den Klang ihrer Violinen, nur um sich kurz darauf wieder klar getrennt gegenüberzustehen. Eine hörenswerte Aufnahme eines weniger bekannten Repertoires.
Double-je. Sergueï Prokofiev: Sonate opus 56 en ut majeur; Arthur Honegger: Sonatine H.29; Eugène Ysaÿe: Sonate opus posth. en la mineur. Raphaël Oleg, Frédéric Angleraux, violons. Schweizer Fonogramm
Und Graziella Contratto präsentiert auf der CD Titänli gemeinsam mit dem Mythenensemble Orchestral Kammerversionen von Mahlers erster Sinfonie und Zemlinskys Orchesterlied Maiblumen blühten überall. Klaus Simons Arrangements erweisen sich dabei als Chance für alle Beteiligten. Die Ensemblemitglieder treten stärker in den Vordergrund als im grossen Orchester, dürfen auch ihre solistischen Qualitäten zeigen. Contratto versteht es, den sinfonischen Gestus des Werks trotz der verkleinerten Besetzung beizubehalten. Dazu trägt natürlich auch Angleraux Produktion bei, die ein kerniges Klangbild ganz nah an den einzelnen Instrumenten bietet. Es gibt also einiges zu entdecken in dieser Aufnahme. Denn wenn Mahlers Erstling in dieser Version – nicht sehr überraschend – etwas weniger orchestrale Wucht aufweist, so bieten im Gegenzug die bessere Durchhörbarkeit und stellenweise auch diverse stärker akzentuierte Stellen einen frischen Blick auf das Werk.
Titänli. Mahler: Erste Symphonie; Zemlinsky: Maiblumen blühten überall. Kammerfassungen. MythenEnsembleOrchestral; Lisa Larsson, Sopran; Graziella Contratto, Leitung. Ersteinspielung. Schweizer Fonogramm