(Zu) wenig bekannte Violinkonzerte

Das Collegium Musicum Basel unter der Leitung von Kevin Griffiths hat mit der Geigerin Maria Solozobova wenig bekannte Konzerte von Hans Huber und Paul Juon aufgenommen.

Maria Solozobova. Foto: Kaupo Kikkas

Es ist eine alte Weisheit, dass Schweizer Komponisten im eigenen Land wenig gelten. In den letzten Jahren hat aber eine erfrischende Entdeckerfreude eingesetzt, die so manches Juwel zu Tage gefördert hat. So fand die vom Aargauer Sinfonieorchester unter Douglas Bostock eingespielte Sinfonie d-Moll von Hermann Suter international Beachtung. Und vom selben Orchester – nunmehr als argovia philharmonic – ist unter Bostocks Leitung die Herausgabe von Hans Hubers d-Moll-Sinfonie in Arbeit.

Kevin Griffiths eifert mit Erfolg seinem britischen Dirigentenkollegen nach, hat er doch mit dem Collegium Musicum Basel zwei Violinkonzerte von Hans Huber (1852–1921) und Paul Juon (1872–1940) aufgeführt und bei Sony eingespielt. Spiritus Rector dabei war die junge russische Geigerin Maria Solozobova, welche die Werke aufgespürt hatte. Schon in den Konzerten 2014 und 2016 im Casino Basel gefielen sie, zumal die Solistin viel zum Gelingen beitrug. Nun wurde daraus ein Tondokument von Wert.

Hans Hubers einsätziges, rund 18-minütiges Werk ist ganz in spätromantischem Stil gehalten: breit fliessend, musikalische Gedanken aneinanderreihend. Das Collegium Musicum unter der Leitung von Kevin Griffiths begleitet die stilsicher und mit schmelzendem Ton spielende Solistin klangsinnlich, aber nicht sentimental.

Spannender und auch «knorriger» ist das dreisätzige Violinkonzert op. 42 von Paul Juon, dem Enkel eines Zuckerbäckers aus dem bündnerischen Masein, der nach Russland auswanderte. Juons zwischen schwelgender Üppigkeit und herber Direktheit oszillierender Stil prägt auch das 1908/09 entstandene Violinkonzert. Das Werk lebt von einer variablen Metrik, die wie die Melodik ständig umgestaltet wird, sodass der Eindruck zwischen bodenständig und schwebend changiert.

Juons Musik ist am russischen und nordischen Idiom etwa von Sibelius orientiert. Genau das Richtige für Solozobova, die mit warmem Klang und technischer Raffinesse den Solopart interpretiert. Kevin Griffiths, bekannt für seinen geradlinigen Dirigierstil, passt da gut dazu: der rhythmisch heikle erste Satz kantig und herb, die anschliessende Romanze voller Kantilenen und das volksmusikalisch-tänzerische Finale mit wuchtigem Drive.

Zwar sind in der Einspielung kleinere Unebenheiten im Orchester zu vermerken, aber man bekommt anhand der durchschimmernden Akustik des Stadtcasinos Basel, wo die Aufzeichnungen gemacht wurden, Heimweh nach dem hervorragenden Konzertraum, der leider erst 2021 wieder bespielt werden kann. Schade, enthält das Booklet zwar Informationen zu den Komponisten, aber nichts zu den eingespielten Werken.

Image

Une Révélation: Violinkonzerte von Huber und Juon. Maria Solozobova, Violine; Collegium Musicum Basel, Leitung Kevin Griffiths. Sony 80358 118320

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