Mit der Kraft des Lyrischen
Das Zurich Jazz Orchestra unter Leitung von Steffen Schorn weiss um die Traditionen seines Genres, schaut aber lieber nach vorne. Folgerichtig präsentiert sich das neue Album «Three Pictures» nicht nur wagemutig, sondern auch innovativ.
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Seit 23 Jahren besitzt Zürich eine Big Band. Ein Luxus, gewiss, aber ein höchst willkommener. En vogue sind grosse Jazzbands derzeit nicht, was den Leistungen des Zurich Jazz Orchestra, kurz ZJO, jedoch keinerlei Abbruch tut. Gegründet wurde es ursprünglich als Versuchsvehikel für lokale Tonschöpfer und Arrangeure. Vor vier Jahren übernahm dann der renommierte Kölner Komponist und Multiinstrumentalist Steffen Schorn die Leitung der 18 Musiker.
Nun liegt mit «Three Pictures» das erste Tondokument dieser Zusammenarbeit vor – es ist das insgesamt vierte Album des ZJO. Die zwölf Tracks stammen allesamt aus der Feder von Schorn und zeugen von dessen musikalischer Virtuosität. Auf die Frage, was das Ensemble einzigartig mache, lässt der 50-Jährige wissen: «Wir haben Fantasie, wir haben Risikobereitschaft.» Wer der Platte bereits gelauscht hat, wird dieser Einschätzung nur beistimmen können. Mit Eye Of The Wind beginnt die Aufnahme mit generösen Melodiebögen, allerdings eher zurückhaltend und vergleichsweise traditionell. Das dreiteilige Africa zeigt sich anschliessend nicht bloss deutlich dichter, sondern auch vertrackter, forscher und erfinderischer. Klug gesetzte Gitarren- und Saxofon-Soli brechen immer wieder das Geschehen auf, sind für eruptive Momente besorgt und scheuen selbst vor Dissonanzen nicht zurück.
Nicht minder wagemutig präsentiert sich die fast 21-minütige Titelsuite Three Pictures. Sie versteht zwischen pulsierenden Beats und perlender Lauschigkeit zu variieren und gerät dabei nie in Gefahr, in seichte Musikgewässer abzudriften, im Gegenteil. Vielmehr wartet die Komposition mit viel lyrischer Kraft und einem durchdachten Spannungsbogen auf. Mit seinem Sound gelingt es dem ZJO, swingende Rhythmen mit groovenden Tempoverschärfungen und sich stets wandelnden Motiven zu verbinden. Ein Kunststück, das die Klangmalereien ebenso innovativ wie vielschichtig wirken lässt. Nicht unerwähnt bleiben soll die Tatsache, dass auf dem Album auch der Improvisation viel Platz eingeräumt wurde. Das macht es nicht bloss unberechenbar, sondern geradezu vollendet.
Steffen Schorn & Zurich Jazz Orchestra: Three Pictures. Mons Records MR874611
Mehr Infos: zjo.ch/