Aus dem Vollen geschöpft

Eigentlich war eine kreative Pause geplant gewesen. Doch mit «Supermoon» veröffentlicht Sophie Hunger bereits wieder ein neues Studioalbum, das von souveräner Ausdruckssicherheit geprägt ist.

Sophie Hunger. Foto: zvg

Auf Supermoon präsentiert sich Sophie Hunger als eine Musikerin, die sich gefunden hat – im Spannungsfeld zwischen Singer-Songwriter-Tradition, Impulsen aus Jazz und Elektronik sowie eigenwilligen Texten, die immer noch von zentraler Bedeutung sind. Dies zeigt sich besonders gut im Titelsong, wo sie mit akustischer Gitarre und sinnierendem Gesang zunächst geradezu klassisch wirkt. Ein pulsierender Beat, flirrende Hintergrund-Sounds und subtile Effekte bringen nicht nur eine zeitgemässe Komponente, sondern auch eine latente Unruhe in ein trügerisch entspanntes Wechselspiel zwischen dunklen und hellen Stimmungen.

Der Folk-Einschlag dieses Songs verweist auf den Ort des Entstehens in Kalifornien. Auf dem CD-Cover sieht man denn auch ein psychedelisch verfremdetes Bild von Sophie Hunger mit Gitarre, als wäre sie eine Westcoast-Folksängerin ums Jahr 1970. Als Feedback auf die Flower-Power-Zeit könnte man auch das Stück Love Is Not The Answer betrachten, dessen Titel man als Umkehrung des bis heute immer wieder strapazierten Slogans verstehen kann. Der Humor kommt besonders deutlich im dazugehörigen Videoclip zur Geltung, der in einem Blumenmassaker endet. Vor allem musikalisch witzig ist das Stück Superman Woman, das sich als regelrechtes stilistisches Potpourri entpuppt.

Die meisten Songs sind jedoch von Nachdenklichkeit geprägt, eine Eigenheit, die in Die ganze Welt durch die Wahl von Hochdeutsch noch verstärkt wird. «Ich schaue CNN, geköpfte Kurden und einen Weltrekord im Spurten», singt sie mit ätzender Lakonie. Dies ist die einzige Stelle des Albums, an der Sophie Hunger dann ins Deklamieren verfällt, was in einigen früheren Stücken manieriert wirkte (und wohl auch viel zu ihrer polarisierenden Wirkung beitrug): «Uhhh, ich bin so auf-ge-klääärt!» Und das passt in diesem Zusammenhang auch, gerade im Wechselspiel mit hingebungsvollem «duuu-u-u-u-uuu»-Gesang, dem jegliche Gefühligkeit abgeht. Sophie Hunger beeindruckt zu einem guten Teil, weil sie eine Meisterin der Phrasierung ist – nicht nur hier.

Wie Stephan Eicher pflegt auch Sophie Hunger die Mehrsprachigkeit und vergessenes Liedgut. Bei La Chanson d’Hélène handelt es sich um ein wehmütiges Liebeslied, das als Duett von Romy Schneider und Michel Piccoli bekannt wurde. Sophie Hunger interpretiert es zusammen mit dem ehemaligen Fussballer und Schauspieler Eric Cantona fast so rätselhaft-poetisch. Besonders eindringlich ist aber einmal mehr ein Mundartlied geraten. In Heicho thematisiert Sophie Hunger ihr Leben zwischen Heimatgefühl und Rastlosigkeit. «Aber i chume sicher hei cho stärbe», resümiert sie trocken.

Image

Sophie Hunger: Supermoon. Caroline/Universal. Informationen, Videos und Musikausschnitte: www.sophiehunger.com

 

Das könnte Sie auch interessieren