Wegweisend
Thomas Aeschbacher sucht mit seinem Schwyzerörgeli neue Klänge, kräftig unterstützt von Mitmusikern aus verschiedensten Sparten.
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Das Schwyzerörgeli ist, nur etwas mehr als hundert Jahre alt, bereits mit einem unverrückbaren Klischee besetzt: Ausser Ländlermusik scheint da nichts zu gehen. Kaum ein Protagonist der «Örgelerszene» will dieses Klischee sprengen oder vermag es musikalisch, um neue Akzente zu setzen. Denn bis heute herrscht in vielen Teilen der Volksmusikszene so etwas wie Prüderie. Zu den wenigen, die dennoch neue Klangsprachen auf ihrem Instrument suchen, gehören die beiden Oberaargauer Thomas Aeschbacher und sein Vater Werner Aeschbacher. Die beiden tun das freilich, ohne die Wurzeln der Volksmusik zu negieren. Wieso auch? Thomas Aeschbacher, wie sein Vater eine verdiente Örgelergrösse in der Neuen Schweizer Volksmusikszene, demonstriert dies auf seinem ersten Solo-Album «feat.» eindringlich.
Der knapp 50-Jährige, seit jungen Jahren stets auf der Suche nach neuen Tönen, Klängen und Chehrli in der traditionellen Volksmusik, holte sich für sein Album 25 hervorragende Weggefährten aus den unterschiedlichsten Sparten der Schweizer Musikszene ins Studio. So ist mit «feat.» eines jener seltenen Schwyzerörgeli-Alben entstanden, die nicht bereits ab dem dritten Stück zu langweilen beginnen. Dafür zeichnen nicht primär seine Mitstreiter verantwortlich, sondern Thomas Aeschbachers eigene, akademisch geschulte Musikalität, die sich genauso selbstverständlich in der Volksmusik wie in Jazz, Klassik und Worldmusic bewegen kann und auch glaubwürdig etwas zu sagen hat. Neugierig, zum Teil durchaus schalkhaft clownesk (etwa Balthasar Streiff in Hymne) stossen Jazzer, Bläser, Zupfinstrumentalisten oder gar ein Kirchenorganist hinzu. Gemeinsam wachsen sie über die Grenzen der traditionellen Schweizer Volksmusik hinaus, in überraschenden Instrumentenkombinationen, in teils improvisierend wirkenden Grooves, mal hypnotisch, zuweilen melancholisch, aber immer energievoll, hörend und sensibel. Sie erfinden im Prinzip nichts Neues, ergänzen das Traditionelle unserer Volksmusik aber umweit mehr als nur Nuancen, ohne dass «die gestandenen Volks- und Weltmusiker ihre Wurzeln verleugnen», wie Thomas Aeschbacher erklärt. Entstanden ist mit «feat.» eines der interessantesten und inspirierendsten Schwyzerörgeli-Alben der letzten Jahre. Selbstredend wegweisend.
Thomas Aeschbacher: feat. Zytglogge Verlag, CD ZYT 4964