Ursprünglich schlecht aufgenommen
Die Cellosonate von Joachim Raff erfüllte die Erwartungen bei der Uraufführung offenbar nicht. Aber sie ist ein kurzweiliges, brillantes Werk.
Joachim Raff (1822–1882) hinterliess mehrere Werke für das Violoncello und Klavier: zwei Romanzen op. 182, die Fantasiestücke op. 86 sowie das Duo op. 59. Das umfangreichste Werk ist jedoch seine viersätzige Cellosonate D-Dur op. 183. Über deren Entstehungsgeschichte gibt es kaum gesicherte Informationen. Sie wurde im Dezember 1873 in einem Novitätenkonzert in der Berliner Singakademie uraufgeführt und beim Verlag C. F. W. Siegel veröffentlicht. Die Rezensionen waren überwiegend kritisch. Zu gross waren offenbar die Erwartungen nach der triumphalen Berliner Uraufführung von Raffs 5. Sinfonie Lenore am 29. Oktober gleichen Jahres.
Das damalige Kritikerurteil wird dem Stück aber nicht gerecht. Es handelt sich um ein unterhaltsames, brillant-virtuos geschriebenes Werk: Cello und Klavier sind gleichberechtigte Partner, den Ausführenden wird viel an technischem Können abverlangt. So wird bei Aufführungen eines gewiss nie zu kurz kommen: das Spielvergnügen! Die Sonate ist in ihrem Charakter vielleicht «plakativer» als beispielsweise die Sonaten von Felix Mendelssohn. Die eingängige Tonsprache der vier Satze ist sehr bildhaft, so dass man sich gelegentlich auch an Raffs sinfonische Werke mit aussermusikalischen Programmbezügen erinnert fühlt.
Der 2022 begangene 200. Geburtstag des Komponisten gab Anlass zu zahlreichen Aufführungen und Neueditionen. So ist auch Raffs Cellosonate in Zusammenarbeit mit dem Joachim-Raff-Archiv in Lachen nun in einer kritischen Urtext-Ausgabe bei Breitkopf & Härtel erschienen.
Joachim Raff: Sonate für Klavier und Violoncello op. 183, hg. von Claus Kanngiesser, EB 9406, € 28.50, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden