Ein Panorama an Ausdrucksweisen

In seinen 1968 entstandenen «Vier Stücken» für Kontrabass und Klavier lotet František Hertl die Klangpalette seines Instruments bis in die Extreme aus.

Kontrabassist auf der Karlsbrücke in Prag. Foto: Paulwip / pixelio.de

Der 1906 in Westböhmen geborene, nach musikalisch vielseitigem Leben in Prag 1973 verstorbene Komponist ist an ehesten als Autor der 1946 entstandenen Sonate für Kontrabass und Klavier bekannt. Zudem machte er sich als prägender Kontrabasspädagoge der Prager Schule, als Komponist für diverse kammermusikalische Besetzungen und Orchesterwerke sowie als Dirigent einen Namen.

Während die Sonate für Kontrabass und das selten gespielte Kontrabasskonzert sich meist in chromatisch erweiterter Tonalität bewegen, tendieren die 1969 erstmals veröffentlichten Vier Stücke mehr in Richtung einer auf Quart- und Quintschichtungen basierenden Modalität. Mit ihrer prägnanten Rhythmik, der in erfrischender Weise sich rasch abfolgenden kontrastreichen Dynamik, den gegensätzlichen Tempi sowie den klanglichen Wechseln zwischen hell und dunkel, expressiv und impressionistisch lässt sich ihre Tonsprache als mit der Tradition verbunden, aber dennoch individuell und im 20. Jahrhundert beheimatet verorten.

Das Präludium (Moderato bis Allegro) lotet die Extreme in Dynamik und Artikulation aus. Die Burleske in ABA-Form beginnt mit verspielten, Scherzo-ähnlichen Stakkati im Piano und endet in einer überdrehten Stretta im Fortissimo. Der feinen, kantabel gehaltenen Nocturne folgt eine Tarantella. Darin spielt František Hertl geschickt mit deren Idiom und verleiht ihr mittels Dissonanzen eine weit über das Unterhaltende hinausführende Expressivität.

Zu bedauern sind editorische Mängel. Vermutlich wurden die originalen Druckplatten unlektoriert übernommen, was Vorzeichenfehler sowie fehlerhafte Noten und Bindebögen bzw. entsprechend notwendige Detektivarbeit zur Folge hat. Angesichts der heute zur Verfügung stehenden Technik ist es nicht nachvollziehbar, dass in der Klavierpartitur im Präludium die Kontrabassstimme in oktavierendem Klang notiert wird, in den anderen drei Stücken jedoch eine grosse Sekunde tiefer bzw. eine kleine Septime höher als der tatsächliche Klang, d.h. die für den sologestimmten Kontrabass in D notwendige Schreibweise übernommen wird. Stefan Schäfer hat sich bei seiner Einrichtung auf wenige bogentechnische Empfehlungen beschränkt zu Gunsten der interpretatorischen Freiheiten.

Die Neuauflage bereichert das sonst nicht allzu üppige kammermusikalische Repertoire für die Kontrabassisten und Kontrabassistinnen.

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František Hertl: Vier Stücke für Kontrabass und Klavier, Kontrabassstimme eingerichtet von Stefan Schäfer, BA 11556, € 18.95, Bärenreiter Prag

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