Das grosse Krabbeln
In diesen zehn Klavierstücken werden Insekten lebendig und tummeln sich auf den Tasten.
Wie oft habe ich mir die zehn Stücke von Aleksey Igudesman wohl angeschaut und durchgespielt? Zuweilen kommen sie mir selber vor wie Insekten. Einerseits etwas fremd und unbehaglich, anziehend und abstossend zugleich, und doch auch so faszinierend, dass sie mich immer wieder in den Bann ziehen. Dem russisch-deutschen Geiger, Komponisten und Schauspieler fehlt es nicht an Fantasie und kecken Einfällen.
Mit einem hartnäckigen Ostinato-Stakkato verrichtet die Ameise ihre Arbeit fleissig und präzise. «Taking off» steht über dem Stück Schmetter(lieb)ling, der getragen vom sanften Wind des Pedals in gebrochenen Akkorden abhebt und durch den Raum schwebt. Nicht ganz geheuer ist einem die Wanzenumarmung, in der man einen «Bug Hug» über sich ergehen lassen muss. Da bleibt man lieber etwas auf Distanz, um dann umso freudiger die Tastatur im Sechsachteltakt im hüpfenden Wechsel der Hände als Heuschrecke zu erkunden. Sich mal als zickige Zecke zu geben oder eher dem Umzug der Kakerlaken auszuweichen – die Verwandlung macht Spass, und ich habe das Gefühl, man spürt ein wenig den Schauspieler hinter dem Komponisten.
Die Stücke lassen sich auf der unteren bis oberen Mittelstufe spielen und stellen eine willkommene Abwechslung dar zu allzu gewohnten Unterrichtsstücken.
Aleksey Igudesman, Insectopedia, 10 Stücke über Insekten, UE 38047, € 14.95, Universal Edition, Wien