Kurzer, aber reicher musikalischer Parcours
Die Klaviersonatine von Albert Moeschinger, komponiert 1944 in Saas Fee, bietet grosse Abwechslung bei knappem Umfang.

Der Name Albert Moeschinger taucht auch in der Schweiz nur mehr vereinzelt in den Konzertprogrammen auf, und der jungen Musikergeneration scheint er fast unbekannt zu sein. Geboren wurde er 1897 in Basel, wo er auch zur Schule ging und anschliessend – ganz nach dem Willen seines Vaters – eine Banklehre begann. Bald aber brach er diese ab und widmete sich Musikstudien in Bern, Leipzig und München. Seinen Lebensunterhalt bestritt er zunächst als Kaffeehausmusiker, später dann als Lehrer am Konservatorium Bern.
Als Komponist setzte sich Moeschinger mit den vielfältigsten Stilrichtungen auseinander und schuf ein Werk von über 100 Opuszahlen in fast allen Gattungen. Prominente Solisten wie Walter Gieseking spielten seine Klavierkonzerte, während Hermann Scherchen, Paul Sacher und andere Dirigenten sich für seine Orchesterwerke stark machten.
Aus gesundheitlichen Gründen gab Moeschinger sein Lehramt in Bern schon 1943 auf und lebte danach als freischaffender Künstler in Saas Fee, Ascona und Thun, wo er 1985 starb.
Weshalb wird seine Musik heutzutage so wenig aufgeführt? An ihrer Qualität kann es nicht liegen. Insbesondere seine Klavierkonzerte und Werke für Klavier solo verraten einen überaus gekonnten Umgang mit den Möglichkeiten des Instruments. Und so kann man nur dankbar sein, dass der Verlag Müller & Schade die Sonatine op. 66 neu herausgebracht hat. Ein abwechslungsreiches dreisätziges Werk auf insgesamt 13 Seiten, das nicht nur wegen des knappen Umfangs an Ravels Sonatine pour piano erinnert. Auch bei Ravel meint der Titel ja nicht ein Schülerstück, sondern eben ein bewusstes, ökonomisches Reduzieren der zeitlichen Dimension.
Die pianistischen Ansprüche sind nicht übermässig gross, und der Klaviersatz liegt im Grossen und Ganzen sehr gut. Einige Passagen verlangen ein geschicktes Kreuzen der Hände (was ja auch bei Ravels Werk manchmal etwas unangenehm ist …). Trotz der bewussten Reduzierung der kompositorischen Mittel sind die drei Sätze ganz unterschiedlich in Charakter und Klang, sodass einem der Eindruck eines reichen musikalischen Parcours in Erinnerung bleibt.
Hoffentlich wird der Verlag Müller &Schade in Zukunft noch weitere solche Trouvaillen von Moeschinger veröffentlichen. (Bislang sind für Klavier greifbar: Kleine Klavierstücke M&S 1999, Danses américaines M&S 2095, Fête de capricorne, M&S 2107.) Und dann vielleicht auch mit etwas Begleittext und weiteren Informationen zu diesem spannenden Musiker.
Albert Moeschinger: Sonatine für Klavier op. 66, M&S 2144, Fr. 12.00, Müller & Schade, Bern