Einer der geachtetsten Universalmusiker seiner Zeit

Friedrich Schneider (1786-1853) war ein überaus produktiver Komponist. Ein erster Teil seiner Klaviersonaten ist nun erschienen.

Friedrich Schneider, Stahlstich um 1855 von L. Sichling nach einem Porträt von G. Völkerling (1852) / wikimedia commons

Der Komponist Friedrich Schneider (1786–1853) dürfte den meisten eine unbekannte Grösse sein. Sein Name taucht immerhin im Zusammenhang mit Beethovens 5. Klavierkonzert auf. Er war nämlich der Solist bei der Uraufführung im Leipziger Gewandhaus. Das kam sicher nicht von ungefähr: Schneiders pianistische Fähigkeiten waren offenbar sehr beachtlich. Und so verwundert es nicht, dass er schon in jungen Jahren zahlreiche Klavierwerke schrieb, darunter nicht weniger als 42 Sonaten. Ulrich Urban hat sich nun darangemacht, diese in vier Bänden bei Breitkopf & Härtel zu veröffentlichen. Band 2 ist in einer sorgfältigen Urtextausgabe bereits erhältlich.

Es lohnt sich, die Werke genauer anzuschauen. Erwartungsgemäss versteht sich Schneider auf einen gut spielbaren und brillant klingenden Klaviersatz. Auch das kompositorische Handwerk ist tadellos; die Harmonik mindestens auf der Höhe der Zeit. Einflüsse von Beethoven oder Haydn sind sicher da, aber gelegentlich denkt man sogar an zukünftige Meister, besonders in der A-Dur-Sonate op. 76 von 1806. Da klingt es stellenweise fast wie in Schuberts grosser Sonate gleicher Tonart. Erstaunlich, denn diese entstand ja erst 22 Jahre später!

Woran liegt es also, dass diese Musik trotz solcher Qualitäten in Vergessenheit geriet? Nun, dafür gibt wohl mehrere Gründe. Vor allem: Die Themen sind oft zu wenig packend und originell, als dass sie sich für eine Weiterentwicklung der musikalischen Gedanken eignen würden. Stattdessen werden die Formteile einfach mit virtuosen Sequenzen verbunden. Der Klaviersatz klingt zwar angenehm, ergeht sich aber zu oft in stereotypen Floskeln. Am wenigsten von solchen Mängeln betroffen ist wohl die Grande Sonate in f-moll op. 27. Hier herrschen eine Ökonomie und Konzentration der Mittel vor, besonders im 3. Satz «Largo» mit seinem eindrucksvollen Spiel um Licht und Schatten.

Friedrich Schneider mag genannte Mängel vielleicht auch selber gespürt haben. Ab 1815 komponierte er kaum noch für das Klavier, dafür umso häufiger für Orchester und Chor: 23 Sinfonien,16 Oratorien und unzählige Kantaten flossen aus seiner Feder. Und als Komponist, Hofkapellmeister, Dirigent, Pianist, Organist, Pädagoge und Organisator von Festspielen war er einer der geachtetsten Universalmusiker seiner Zeit.

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Friedrich Schneider: Sämtliche Kaviersonaten, Band II (Sonaten mit Opuszahl), hg. von Ulrich Urban, EB 8942, € 44.90, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2018

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