In einem Atem mit Beethoven

Die «Sonate concertante» in G-Dur für Hammerklavier und Traversflöte von Joseph Lipavsky erinnert an grosse Vorbilder, bringt aber durchaus eigene musikalische Ideen.

Ausschnitt aus dem Titelblatt

Der böhmische Komponist Joseph Lipavsky (1772–1810), der auch als Klaviervirtuose bekannt war, erlernte das Klavier -und Orgelspiel in Königgrätz und war in Wien Schüler von Johann Baptist Vanhal und – wie es in einem Künstlerlexikon des 19. Jahrhunderts heisst – auch von Wolfgang Amadeus Mozart. Lipavsky durchlief eine für seine Zeit «nicht untypische Laufbahn eines aus Böhmen stammenden Pianisten-Komponisten», der, wie der Herausgeber Martin Skamletz im Vorwort schreibt, «ein Flair für die Variation von Opernmelodien mit kontrapunktischen Kenntnissen verbindet». In Carl Czernys Erinnerungen aus meinem Leben wird der Komponist noch in einem Atem mit Beethoven genannt, und tatsächlich besitzt die vorliegende Sonate concertante für Flöte und Pianoforte in G-Dur, bei der es sich um Lipavskys letztes Werk handelt, vom Gestus her eine gewisse Ähnlichkeit mit den Sonaten von Czerny und Beethoven: alle Sätze konzertant gehalten, das Klavier spielt lange Einleitungen und Überleitungen und auch das thematische Geschehen ist gleichmässig auf beide Instrumente verteilt.

Im ersten Satz, der in der Sonatenhauptsatzform komponiert ist, kommt bereits in der Exposition eine Passage in Es- Dur, die an Beethovens Geschöpfe des Prometheus erinnert, die aber recht schnell in die Dominanttonart D- Dur zurückmoduliert. Der zweite Satz beginnt mit einem schönen arienhaften Thema, das zuerst von der Flöte und dann vom Klavier vorgetragen wird, und erinnert an ein Opernduett, in welchem rezitativische Elemente in beiden Stimmen miteinander agieren. Der dritte Satz Rondo klingt sehr virtuos und wirkt beinahe witzig, so laufen die Sechzehntel-Kaskaden im ersten Teil motorisch durch beide Stimmen, was entfernt an eine schnelle Flötenuhrkomposition von Joseph Haydn erinnert. In einem mit Scherzando übertitelten Teil folgt ein grosses Klaviersolo, das thematisch von der Flöte aufgenommen wird, bevor in einem Dolce-Teil in D-Dur das Rondo-Thema wieder zum Tragen kommt.

Die Sonate ist für Hammerklavier und Traversflöte komponiert und, da die Tonart G-Dur gut liegt, sowohl auf der einklappigen als auch mehrklappigen Traversflöte gut spielbar. Selbstverständlich ist es genauso reizvoll, die Sonate, die durch ihre mannigfaltigen musikalischen Ideen besticht, auf modernen Instrumenten zu interpretieren.

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Joseph Lipavsky: Sonate concertante in G-Dur, für Flöte und Pianoforte, hg. von Martin Skamletz, hh420.fsp, £ 15.95, Edition HH, Oxon 2017

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