Wild, aber harmonisch

Das Ungeheuer aus der griechischen Mythologie «Medusa» hat den Komponisten Thomas Fellow zu einem Stück für Gitarre solo angeregt. Es ist schnell und bewegt, bleibt aber tonal.

«Medusa» von Caravaggio, 1597, Uffizien; wikimedia commons

Medusa ist ein Monster aus der griechischen Mythologie: Ihre Haare sind Schlangen, und wer sie ansieht, erstarrt zu Stein. Dem 1966 geborenen deutschen Gitarristen Thomas Fellow diente ihre Darstellung durch den Maler Caravaggio als Inspirationsquelle für ein virtuoses Gitarren-Solostück. Er hatte das symbolträchtige Bild bereits als Jugendlicher im Psychothriller Die Schrecken der Medusa gesehen (im Original The Medusa Touch), mit Richard Burton in der Hauptrolle.

Das Stück ist in d-Moll gehalten, mit tief gestimmter 6. Saite. Medusas Schlangenhaare vollführen zwar einen wilden Tanz, überschreiten die Grenzen der Tonalität jedoch nicht. Melodietöne, die in ein Gewusel von raschen, meist durchgehenden Sechzehntelbewegungen eingebettet sind, folgen einander vorwiegend abwärts in Ganz- oder Halbtonschritten. Verschiedene melodische Schichten lassen eine differenzierte Gestaltung zu. In markanten Akkordwiederholungen wird Spannung in Energie umgewandelt, am Schluss verstärkt durch perkussive Elemente.

Technisch ist das Stück gut zu bewältigen. Die Herausforderung liegt in der Tempoangabe fast and furious, die für alle fünf Seiten des Notentexts gilt. Im hinteren Teil der sorgfältig und ästhetisch ansprechend gestalteten Ausgabe sind die Noten auch als Tabulatur wiedergegeben. So kann man sich trotz der nur sparsamen Fingersatzangaben jederzeit vergewissern, welche Töne in welchen Lagen zu spielen sind. Zu hören gibt es das Stück in einer Version für zwei Gitarren und Gitarrenperkussion auf der Debut-CD des European Guitar Quartet – der Komponist ist ein Teil davon – sowie als Live-Aufnahme auf Youtube.

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Thomas Fellow: Medusa, für Solo-Gitarre, ED 22595, € 7.50, Schott, Mainz 2016

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