Tagwacht auf dem Drumset

Claus Hessler forscht nach den Ursprüngen von Trommelsignalen und wie sie in verschiedene Schulen von Rudimental Drumming übernommen wurden.

Claus Hessler. Foto: Florian Alexandru Zorn

Die Aktivitäten in den militärischen Garnisonen wurden durch die Trommeln bestimmt. Spezifische Trommelstücke gaben den Soldaten das Signal zur Tagwacht, zur Versammlung, zu Inspektionen, zum Essenfassen oder zur Nachtruhe. Von den Soldaten wurde erwartet, dass sie sich mit den Trommelsignalen vertraut machten und den Befehlen unverzüglich Folge leisteten. (Freie Übersetzung aus www.warnersregiment.org)

Das Camp & Garrison Duty ist ein Katalog von traditionellen Trommelstücken. Deren Weg von den Anfängen in der britischen Armee bis zum modernen Drumset verfolgt Claus Hessler in seinem jüngsten Werk Camp Duty Update. Er beginnt mit den geschichtlichen Hintergründen und Zusammenhängen europäischer Trommeltradition, von wo der Transfer in die verschiedenen Schulen von Rudimental Drumming weiterverfolgt wird.

Nach einer kurzen Definition des Begriffs «Rudiment» entführt uns der Autor auf eine unterhaltsame Zeitreise in die fantastische Welt des Trommelns. So erfahren wir, dass schon im 14. Jahrhundert erstmals Trommeln, meist in Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen, zur Informationsübermittlung, aber auch zur Einschüchterung des Gegners eingesetzt wurden. Hesslers Horizont umfasst zeitlich mehrere Jahrhunderte bis zur Neuzeit und geografisch praktisch ganz Europa. Sehr aufschlussreich sind die Aussagen zu geografischen und musikalischen Zuordnungen von Rudiments sowie die kurzen Erläuterungen zu «Drag» und «Ruff».

Mit der Air des fifres ou hautbois des französischen Hofmusikers und Komponisten André Danican Philidor geht Hessler im zweiten Drittel seines 90-seitigen Werks zur Praxis über. Sämtliche hier vorgestellten Titel stammen aus dem U. S. Camp & Garrison Duty, der Sammlung, von der Hessler den Titel seines Lehrgangs ableitet. Es finden sich Schmankerln wie The Downfall of Paris oder Yankee Doodle. Stücke wie diese und viele andere sind auf der beigelegten CD mit Piccolo-Flöte eingespielt und stehen auch als Play-alongs zur Verfügung. Hessler präsentiert die Trommelbegleitung in der Originalfassung und in eigenen Bearbeitungen – die für etliche Überraschungen sorgen. Für einige Stücke hat der Autor auch Interpretationshilfen verfasst. Diese sollen dem Spieler anhand von ausgeschriebenen Wirbeln und Verzierungen auf die Sprünge helfen. Alle Notenbeispiele wurden in der Berger-Schrift verfasst, die am Anfang des Buches kurz erläutert wird.

Im Ausblick vertieft Claus Hessler am Beispiel von Another Grenadier die Erkenntnis, dass die Kunst des «Marschtrommelns» durchaus auf das Drumset übertragen werden kann. Eine Tabelle gegen Ende des Buches vergleicht Rudiments und deren Bezeichnungen in den verschiedenen Trommeltraditionen. Ins Auge springt bei den nachfolgenden Übungen die Häufigkeit von Quintolen. Der Autor schreibt dazu im Vorwort: «Dass viele Rudiments vor dem Hintergrund der an Quintolen angelehnten Rhythmik deutlich an Nachvollziehbarkeit und Spielfluss gewinnen, mag für viele Leser ein neuer Aspekt sein.»

Camp Duty Update ist eine erfrischende Abwechslung in der grossen Fülle moderner Schlagzeugliteratur – und sollte gerade deshalb in keiner gut sortierten Sammlung fehlen. Claus Hessler arbeitet als «Clinician» auf internationaler Ebene und schreibt für Magazine wie Modern Drummer. Mit seinen Buchveröffentlichungen und der Doppel-DVD Drumming Kairos setzte er bereits in der Vergangenheit Massstäbe. Er unterrichtet unter anderem an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt.

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Claus Hessler: Camp Duty Update. Vom ursprünglichen Wesen und Sinn der Drum Rudiments, Buch und MP3-CD, 20255G, € 19.95, Alfred Music, Köln 2015, ISBN-13:978-3-943638-93-6

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