Neues aus der Kuschelecke?
Neue geistliche A-cappella-Werke von Mårten Jansson, George Arthur und Max Beckschäfter. Die klangschönen, oft knappen Kompositionen könnten schon in die Weihnachtsplanung einfliessen.
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Manchmal ist es zu bedauern, dass die verrückten Zeiten experimentierfreudiger Chormusik der 1960er- und 1970er-Jahre vorbei sind, in denen mit Space-Notation, Improvisationselementen, Aleatorik und allen anderen möglichen Formen der Klangerzeugung neue Wege gesucht wurden. Im Vergleich dazu kommen Teile der heutigen Chormusik etwas stromlinienförmig, marktangepasst, austauschbar und erstaunlich traditionell, teils etwas leicht bekleidet daher. Der Vorwurf eines neoromantischen Stils ist daher nicht von der Hand zu weisen, und so mancher empfindet die flächige Kuschel-Atmosphäre der vielen sich stark wiederholenden Sekund-, Sept- und Non-Akkorde als musikalischen «Softporno».
Auf der einen Seite haben natürlich neue «Mystiker» wie Arvo Pärt, John Tavener oder Jan Sandström der Chormusik gegen Ende des 20. Jahrhunderts interessante neue Impulse gegeben. Auf der anderen Seite stehen die produktiven Pop-Stars unter den Chorkomponisten wie Eric Whitacre, Morten Lauridsen oder Ola Gjeilo, auf welche die oben zugespitzten Attribute schon eher angewandt werden können, die aber gleichzeitig einen gewissen Zeitgeist treffen mit ihrer filmmusikartigen Klangwelt. In diese Kategorie Chormusik, die bei vielen Chören und dem Publikum grossen Anklang findet, weil sie relativ leicht auszuführen ist, gut klingt und sich stilistisch in gemässigten Bahnen bewegt, gehören auch die Chorwerke des Schweden Mårten Jansson, des Briten George Arthur und des Deutschen Max Beckschäfer.
Von Mårten Jansson ist bereits eine grosse Anzahl an A-cappella-Werken für gemischten Chor, Männer- und Frauenchor im Bärenreiter-Verlag erschienen (vergl. Rezension SMZ 12/2014, S.19). Neu dazugekommen sind nun eine Missa brevis in der ungewöhnlichen Tonart es-Moll und eine Missa Popularis. Die Missa brevis ist konsequent für 4-stimmigen gemischten Chor gesetzt und steht in der Tradition der Kurzmesse (ohne Credo). Sie ist empfehlenswert, einfach zu bewältigen, und ihre prägnante Knappheit eignet sich sowohl für den gottesdienstlichen Gebrauch wie auch für die Integration in ein Konzertprogramm. Die Besetzung der Missa popularis ist Ikea-Baukasten-variabel: Sie kann aufgeführt werden mit Frauenchor (SSA) und Streichquartett oder gemischtem Chor (SSATB) mit Streichquintett. Sie hat ihre Wurzeln in der schwedischen Volksmusik und verwendet für jeden Satz einen anderen Tanztypus als Inspirationsquelle. So entsteht ein rhythmisch lebhaftes Stück von ca. 25 Minuten Dauer, das keine zu hohen Anforderungen an den Chor und die Streicher stellt.
Vom jungen preisgekrönten Engländer George Arthur sind bei der Universal-Edition Wien einige spannende kirchenmusikalische Werke neu erschienen. Ave maris stella und Ave Maria sind ruhige und klangschöne Meditationen für gemischten Chor im mittleren Schwierigkeitsgrad (mit teilweisen Stimmteilungen) auf diese berühmten und vielfach vertonten Texte. Dazu gesellen sich auch die kurze Motette All Angels und das pfiffige Arrangement des englischen Weihnachtsliedes I Saw Three Ships. Auf YouTube gibt es einige Hörbeispiele dazu, eingespielt von Chören unter der Leitung des Komponisten.
Ebenso bei der Universal-Edition erschienen sind die Fünf Weihnachtsmotetten für 4-stimmigen gemischten Chor a cappella von Max Beckschäfer, der im Vergleich zu den beiden anderen Komponisten einen etwas individuelleren Stil an den Tag legt. Sie erinnern teilweise an die Weihnachtsmotetten von Francis Poulenc, sind aber abwechslungsreiche kurze Stücke auf weniger bekannte lateinische Texte der Weihnachtszeit und bilden einen kleinen Zyklus von 10 Minuten Dauer. Eine interessante Alternative für ein abwechslungsreiches Weihnachtskonzertprogramm oder auch als einzelne Motetten im Gottesdienst.
Mårten Jansson: Missa brevis in es-Moll SATB, Chorpartitur BA 8521, € 4.95, Bärenreiter, Kassel 2016
id., Missa Popularis für Chor SSA (TB ad lib.) und Streichquartett (Kontrabass ad lib.), Partitur BA 7420, € 24,95; Klavierauszug, BA 7420-90, € 13.95
George Arthur: Ave maris stella, für gemischten Chor a cappella, Chorpartitur UE 21716, € 3.50, Universal Edition, Wien 2016
id., Ave Maria, für gemischten Chor a cappella, UE 21715, € 3.95
id., All Angels, für gemischten Chor a cappella, UE 21714, € 2.95
id., I Saw Three Ships, für gemischten Chor a cappella, UE 21717, € 3.50
Max Beckschäfer: Fünf lateinische Weihnachtsmotetten für gemischten Chor SATB a cappella, UE 37125–37129, je € 2.95–3.50, Universal Edition, Wien 2016