Autograf eines Fauns
Das Initialwerk einer neuen Epoche, Debussys «Prélude à l’après-midi d’un faune», als Faksimile in herausragender Qualität.
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Wohl keine andere Komposition hätte sich besser für die Eröffnung einer neuen, von der Bibliothèque nationale de France herausgegebenen repräsentativen Faksimilie-Reihe geeignet als Debussys Prélude à l’après-midi d’un faune – jene sinfonische Dichtung aus dem Jahre 1894, die, aus heutiger Perspektive betrachtet, wie der Beginn der modernen Musik anmutet. So lautet jedenfalls ein durchaus zu Recht formuliertes Bonmot von Pierre Boulez.
Anders als man es aufgrund der keineswegs gradlinig verlaufenden Entstehungsgeschichte vermuten könnte – erste Entwürfe stammen von 1890/91, der Plan zu einer dreiteiligen Suite blieb unausgeführt –, handelt es sich bei der nun als Faksimile in bester Druckqualität vorliegenden autografen Partitur um eine Reinschrift, die zumal als Stichvorlage diente. Die überformatige Ausgabe ist damit in gleich doppelter Weise imposant; hinzu kommt die bei Brepols übliche, aufwendige, jedenfalls erstklassige grafische wie verlegerische Ausstattung.
Ein wenig darf man sich allerdings wundern – darüber nämlich, dass die in französischer Sprache abgefasste, mehrere Aspekte instruktiv abdeckende Einleitung von Denis Herlin keine Übersetzung erfuhr (etwa ins Englische), wie dies bei solchen Ausgaben von absehbar herausragender Bedeutung nicht nur üblich ist, sondern wohl auch für eine weitere Rezeption geboten erscheint. Einer «grande nation culturelle» würde dies wohl kaum schaden, vielmehr könnte sie wahre Grösse beweisen.
Claude Debussy, Prélude à l’après-midi d’un faune. Fac-similé du manuscrit autographe de la partition d’orchestre (= de Main de maître 1), 80 S., 320 x 430 mm, € 150.00, Brepols Publishers, Turnhout/Belgien 2014, ISBN 978-2-503-55134-0