Mehr als nur Miniaturen

In vielen kleinen Klavierstücken von Wladimir Rebikow zeichnen sich kühne Einfälle ab.

Wladimir Rebikow, Ausschnitt aus einer Postkarte von 1910. Unbekannter Fotograf, wikimedia commons

Von ein paar grösseren melodramatischen Werken abgesehen ist der 1866 im sibirischen Krasnojarsk geborene, 1920 in Jalta gestorbene Russe Wladimir Rebikow als Miniaturist bekannt geworden. Viele seiner originellsten Klavierstücke kommen mit nur einer Druckseite aus und beschränken sich, mit Präludien vergleichbar, auf einen einzigen melodischen oder harmonischen Einfall.

In seinem salonesken Frühwerk ging der in Moskau und Berlin ausgebildete Musiker von Tschaikowsky und der deutschen Spätromantik aus, bevor er um 1900 einen eigenen, mit impressionistischen Klangmitteln erweiterten Klavierstil entwickelte. Er begann mit stereotyp eingesetzten Quarten, mit Ganztonskalen und kurzen Ostinati zu experimentieren und eroberte sogar polytonales Neuland.

Les démons s’amusent und die kargen Chansons blanches, die auf den weissen Tasten zu spielen sind, könnten von Satie stammen. Die radikal antiromantische Figurine chinoise liefert mit bloss 24 Takten ein schönes Beispiel für die Neue Sachlichkeit.

Rebikows oft verstörend kurze Charakterstücke sind weitaus mehr als nur klanglich reizvolle Miniaturen. Sie eignen sich für den Klavierunterricht ebenso gut wie für das Studium der Harmonielehre, vor allem aber für Konzertprogramme mit bildhafter Thematik. Darüber hinaus sind sie Dokumente eines lange vergessenen Pioniers der Moderne.

Eine repräsentative Auswahl von 15 leichten bis mittelschweren Stücken hat Markus Heinze mit gut brauchbaren Fingersätzen und mit klugen Kommentaren versehen, die gelegentlich auch Spielanweisungen enthalten.

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Vladimir Rebikov, 15 Piano Pieces, hg. von Markus Heinze, F 95053, Fr. 21.90, Robert Forberg (Ricordi), Berlin 2014

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