Saxofonhefte unter der Lupe

Ein Rundblick über neuere Saxofonpublikationen in verschiedenen Stilrichtungen und ihr Erscheinungsbild.

Foto: Kalle Kloldziej / fotolia.com

In diesem Jahr feiern wir den 200. Geburtstag von Adolphe Sax (1814–1894), dem genialen Erfinder des Saxofons. Seit den ersten wenigen Originalkompositionen Mitte des 19. Jahrhunderts (Singelée, Kastner, Savari, Génin, Demersseman etc.) wurden zahlreiche Werke für dieses Instrument geschrieben. Insbesondere in den letzten Jahrzehnten entstanden eine Vielzahl an Kompositionen in den verschiedensten Stilen sowie zahlreiche Unterrichtswerke und Schulen. Angesichts dieses erfreulichen Reichtums fällt es Laien, Studierenden und Musikpädagogen oft schwer, eine Auswahl zu treffen. Bei Publikationen ist das Erscheinungsbild in der Regel ein erster Blickfang und entscheidet darüber, ob man sie nur durchblättert oder einer eingehenderen Begutachtung unterzieht. Es wäre wünschenswert, wenn die Verlage und Autoren der Visualisierung und dem Layout mehr Bedeutung beimessen würden, da dieses für die Rezeption der Literatur auf allen Niveaus hilfreich, inspirierend und aussagekräftig ist.

Zeitgenössisches
In der Neuausgabe der Sakura-Variationen von Helmut Lachenmann für Altsaxophon, Schlagzeug und Klavier findet sich ein gutes Beispiel dafür, wie ein schlichtes, schön gedrucktes und geprägtes Notenbild mit viel Raum auf fremde oder wohlvertraute Klangwelten neugierig macht. Dem vom Blatt zu lesenden Einstieg in das exotische japanische Volkslieds Sakura (vom Spieler erst gesungen) folgt sofort das Bedürfnis, sich tiefer in die funktionsharmonische Klangpraxis zu vertiefen. Es zeigt sich schnell, dass diese Gelegenheitskomposition Helmut Lachenmanns auch durch ihren moderaten Schwierigkeitsgrad einen schnellen Zugang ermöglicht. Ein wunderbar heiteres und ernstes Stück Musik, das man fortgeschrittenen Musikschülerinnen und -schülern nicht vorenthalten sollte. Viel zu selten werden solche Rosinen der zeitgenössischen Musik in Vorspielstunden aufgeführt!

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Drei weitere, kürzlich erschienene, ernste Kompositionen – in ähnlich schlichtem Erscheinungsbild veröffentlicht – seien hier erwähnt: Das Marianische Triptychon von Martin Torp – ein klangvolles Werk für Altsaxofon und Orgel, das auf neutestamentarische Szenen Bezug nimmt, Günter Raphaels variationsbreites, rhythmisch sich dem Jazz annäherndes Divertimento für Altsaxofon und Violoncello op.74 und das Solostück Jeux von Gilbert Amy, das dieser auf Anregung von Claude Delangle für Sopransaxofon bearbeitet hat. (Die ursprüngliche Fassung war für eine bis vier Oboen.) Alle drei Werke realisieren eine spezifische Qualität des Instrumentes und bereichern jedes Konzertprogramm durch ihre eigene musikalische Sprache. Besonders Jeux stellt hohe technische Anforderungen.

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Mit einem viel bunteren Umschlag präsentieren sich die subtilen Stücke des Schweizer Komponisten Kevin Juillerat Et l’horizon frissonne («Und der Horizont erschauert» für Alt- oder Tenorsaxofon solo) und Miroitements («Spiegelungen» für Alt- oder Sopransaxofon und Klavier). Diese kurzen, sich den Titeln verpflichtenden Stücke verlangen moderne Spieltechniken wie Mehrklänge, Subtone, Vierteltöne etc. Sie eignen sich gut für erste Begegnungen mit zeitgenössischer Musik, zumal der Komponist mit einführenden Übungen auch besonderen Wert auf die Vermittlung der Vortragsangaben legt und dazu passende Hörbeispiele aus anderen Werken empfiehlt. Eine etwas grosszügigere Notation wäre hier dienlich gewesen.

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Tango und Jazz
Tangomusik ist seit Jahren auch in unserer Region ein Dauerbrenner. So ist es nicht verwunderlich, dass inzwischen viele Bearbeitungen und auch neue südamerikanische Kompositionen in den Regalen bereitliegen. Besondere Spielfreude bereiten die Tangos für Altsaxofon und Klavier von Roberto Pintos. Die abwechslungsreichen Charakterstücke lassen viel Spielraum für musikalische Gestaltung und fordern selbstverständlich rhythmische Gewandtheit. Im gleichen Verlag wurde auch der berühmte Tango Jalousie von Jacob Gade für Saxofonquartett ediert. Wer sich als fortgeschrittener Spieler im Unterricht intensiv dem Tango widmen möchte, sollte The Tango Saxophon Book von Bernardo Monk zur Hand nehmen. Diese Tangomethode mit Begleit-CD bietet viele technische, stilistische und improvisatorische Übungen an und gibt einen Einblick in die historischen Hintergründe dieser Musik.

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Jazz Club – Jazz spielend lernen – von Andy Mayer und Christian Wegschneider wendet sich u. a. an klassische Saxofonisten, die Jazzmusik über das Spielen und nicht über die teilweise abschreckende Theorie, über Skalen und Harmoniekenntnisse kennenlernen wollen. So sind im ersten Teil die Soli, Akkorde und Rhythmen ausgeschrieben, und erst im zweiten Teil erhält man die Möglichkeit mit Play-alongs eigenständig und kreativ zu spielen. Die eingangs geäusserte Kritik an der grafischen Gestaltung bestimmter Publikationen könnte hier noch einmal laut werden, denn die Unruhe des Titelblattes zieht sich in der Schrift- und Notentextdichte durch die Kapitel weiter, was das Einsteigen, das vereinfacht werden sollte, teilweise eher erschwert. Spätestens mit den groovig eingespielten CD-Tracks mit verschiedenen Instrumentengruppen ist man aber mit dieser Einführung in die Welt des Jazz wieder versöhnt.

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Helmut Lachenmann, Sakura-Variationen, für Altsaxofon, Schlagzeug und Klavier,Partitur und Stimmen, KM 2438, € 19.00, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2013

Martin Torp, Marianisches Triptychon für Altsaxofon und Orgel, EM 2198, € 12.00, Edition Merseburger 2013

Günter Raphael, Divertimento für Altsaxofon und Violoncello, EB 6320, € 17.50, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2013

Gilbert Amy, Jeux, für Sopransaxofon, UE 36 075, € 18.95, Universal Edition, Wien 2013

Kevin Juillerat, Miroitements, pour saxophone alto (ou soprano) et piano, AL 30 651, ca. € 12.80, Alphonse Leduc, Paris 2013

Kevin Juillerat, Et l’horizon frissonne, pour saxophone alto (ou ténor) seul, AL 30 652, ca. € 11.40, Alphonse Leduc, Paris 2013

Roberto Pintos, Tangos and other Rythms from South America for Alto Saxophone and Piano, D 05 483, € 17.95,Doblinger, Wien 2013

Jacob Gade, Jalousie, Tango für Saxofonquartett, arr. von Friedemann Graef, Partitur und Stimmen, D 05 482, € 13.95, Doblinger, Wien 2012

Bernardo Monk, The Tango Saxophone Book, A Method for Playing Saxophone in Argentine Tango, ADV 7156, mit CD, € 34.95, advanced music, Mainz (Schott) 2013

Andy Mayerl und Christian Wegscheider, Jazzclub – Jazz spielend lernen, Bandleader, Partitur, D450, € 21.80, Edition Dux, Manching 2012

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