Klingendes Bestiarium
Effektvoll vertonte französiche Fabeln für Singstimme und Klavier.
Mein Wunsch nach mehr Liedern von Isabelle Aboulker, geäussert anlässlich einer meiner letzten Rezensionen (SMZ 12/2010, S. 35), ist erfüllt worden: Eine Sammlung von 16 Fabeln von La Fontaine wurde von Notissimo Editeur herausgebracht (Vertrieb Alphonse Leduc).
Isabelle Aboulker zieht bei traditioneller Harmonik mit Takt- und Tempowechseln alle effektvollen Register, um der antrabenden Tierwelt eine Stimme zu verleihen. Der Hase fürchtet sich staccato, der Frosch bläst sich in aufsteigendem C-Dur bis zum Platzen auf etc. Oft wird – besonders um eine Pointe zu platzieren – die Sprechstimme eingesetzt, was die Fabeln zu Melodramen erweitert.
Die Lieder liegen durchwegs gut für die Stimme, Voraussetzung für eine erfolgreiche Aufführung sind allerdings ein schnelles Mundwerk, komödiantisches Flair und ein untadeliges Französisch. Die Anforderungen an die Begleitung liegen im Bereich der grotesken Untermalung und der rhythmischen Flexibilität, weniger im pianistischen Schwierigkeitsgrad.
Leider ist die Schrift der Singstimme und vor allem des Textes eher klein, da bleibt wohl nur das Auswendiglernen! Dazu stolpert man beim Lesen über allerlei Druckfehler wie fehlende Notenhälse oder Punkte in der sonst sauber gestalteten Klavierstimme.
Isabelle Aboulker, La Cigale et le Pot au lait, 16 mélodies pour voix moyenne et piano d’après les Fables de Jean de La Fontaine, NT21970Z, € 18,20, Notissimo Editeur/Alphonse Leduc, Paris 2012