Würdigung einer Pionierin

Der Journalist Robert Bösiger und der Fotograf Christian Roth porträtieren die Sängerin, Jodlerin und Erneuerin der Volksmusik, Christine Lauterburg.

Peter Bichsel und Christine Lauterburg. Foto: Christian Roth

Christine Lauterburg (*1956) fällt auf den ersten Blick durch ihren aus Elementen von Berner Trachten, Punkkultur und Retrolook einzigartig gestalteten Kleidermix auf. Neue Kombinationen wagt die Jodlerin aber auch mit improvisierenden Liedbegleitungen auf Geige, Langnauerörgeli, Talerbecken, Büchel, mit experimentellen und Techno-Bands. Diese innovative Künstlerin hat bereits vor dreissig Jahren begonnen, traditionelle Kühreihen stimmig umzudichten und einem urbanen Umfeld anzupassen. Aus Hie obe. Ho-lobe wurde Hie unde ar Aare, wo d Laschtwäge fahre (CD Schynige Platte). Die erfolgreiche Filmschauspielerin eignete sich das Jodeln in Kursen und Privatstunden an, studierte Jodel- und Volksliedersammlungen, erweiterte ihr Repertoire mit der Hilfe von Tonträgern und wurde Mitglied des Eidgenössischen Jodlerverbandes (EJV). Lauterburgs Erfahrungen beim Wettsingen an einem kantonalen Jodelfest und ihre kritischen Reflexionen sind im Film Alpenglühen (1987) dokumentiert. Seither arbeitet die Sängerin immer wieder mit andern Ensembles zusammen, präsentiert aber auch in Solo-Programmen alte, neu arrangierte Jodellieder und mischt die musikalische Tradition risikofreudig auf.

Dieser verdienstvollen Künstlerin, die in der Schweiz am Anfang der neuen Volksmusik steht, ist durch die Initiative von Robert Bösiger eine über dreihundertseitige, beachtenswerte Monografie gewidmet worden. Der Journalist hat rund dreissig Musiker eingeladen, kleine Texte zu ihrer Kollegin zu verfassen, und diese «Stimmen» zusammen mit 25 mehrseitigen «Begegnungen» publiziert: Transkriptionen der Gespräche Lauterburgs mit je einem Weggefährten anlässlich von Wiederbegegnungen 2017. Immer gleichartige Profilfotos von Christian Roth dokumentieren diese Treffen und halten die vielen Facetten der schillernden Kulturträgerin fest. In jedem dieser Artikel kommen Lauterburgs musikalische Leistungen zur Sprache, eindrücklich dargestellt durch die romanische Sängerin Corin Curschellas, durch den Schwyzerörgeler Markus Flückiger, die Alphornbläserin Eliana Burki, den CD-Produzenten Cyrill Schläpfer, aber auch durch Politiker wie Adolf Ogi, Moritz Leuenberger und den Berner Stadtpräsidenten Alec von Graffenried. Peter Bichsel beschreibt Lauterburgs Talent zur steten Erneuerung trefflich: «Wenn jemand gut ist, fängt er immer wieder von vorne an.»

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Robert Bösiger und Christian Roth: Alles bleibt anders. Christine Lauterburg, 336 S. incl. CD, Fr. 39.00, Werd-Verlag, Thun 2018, ISBN 978-3-85932-936-2

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