Facts und Funde

In seiner Doktorarbeit analysiert, seziert und reflektiert der Jazzpianist Immanuel Brockhaus signifikante Sounds der Popgeschichte von 1960 bis 2014.

Multimoog Modulation. Foto: Formication/flickr.com

Seit 2003 leitet Immanuel Brockhaus den Ausbildungsgang Master of Advanced Studies Pop & Rock an der Hochschule der Künste Bern. Jetzt veröffentlicht der Jazzpianist seine Doktorarbeit Kultsounds – Die prägendsten Klänge der Popmusik 1960–2014. In dem 450-seitigen Werk geht Brockhaus grundlegenden Thesen nach wie: «Stile und Genres populärer Musik sind von einzelnen Sounds geprägt. Diese entstehen und verändern sich mit technologischen Innovationen.» Ziel seiner Arbeit sei es, prägende Sounds zu erfassen und zu analysieren.

Im ersten Teil des Buches beschäftigt sich der Autor mit der Terminologie des Sounds und dessen Kategorisierung. Dabei stellt er fest, dass der Sound-Begriff in unserem Sprachraum nicht gültig definiert sei: «In deutschsprachiger Fachliteratur zur Akustik und Studiotechnik ist man sich uneinig, wann und wie die Begriffe ‹Klang› und ‹Sound› verwendet werden sollen.» Um die klangliche Typologie populärer Musik eingehend zu untersuchen, widmet sich Brockhaus im Folgekapitel dann der Entwicklung von Sounds, deren Gruppierung, Etablierung und auch Standardisierung. Dies namentlich mithilfe des Klangfundus von Synthesizern, denn laut dem 57-Jährigen hätten sich diese seit den 1970er-Jahren «mehr und mehr zu individuellen Instrumenten mit neuem Potenzial» herangebildet.

Während der Dozent im Kapitel «Soundreferenzen und Kodierungen» nicht zuletzt stil- und genretypische Sounds bezüglich ihres Kult-Potenzials beschreibt und seziert, filtert er – anhand der US-amerikanischen Hitparade von Billboard von 1964 bis 2014 – insgesamt 15 signifikante Sounds aus 2200 Liedern heraus, von der Stratocaster-Gitarre bis hin zum Scratch-Sound. Brockhaus geht nicht nur ihrer Entstehungsgeschichte nach, sondern zeigt auch die Zeiträume auf, in denen sie en vogue waren.

Mit Kultsounds hat Immanuel Brockhaus ein sehr detailliertes und dichtes Werk über Einzelsounds geschaffen, das – als Doktorarbeit – nicht wirklich leicht lesbar ist, dafür jedoch eine immense Fülle an tiefschürfenden Facts und Funden bietet. Hilfreich ist das Glossar; was vermisst wird, ist ein Index. Dennoch: Dank seiner umfassenden Analyse relevanter Sounds, ist das Buch für Musikkonsumentinnen und -konsumenten, die dem Pop auf den Grund gehen wollen, absolut empfehlenswert.

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Immanuel Brockhaus: Kultsounds – Die prägendsten Klänge der Popmusik 1960–2014», 450 S., € 44.99, transcript-Verlag, Bielefeld, 2017, ISBN 978-3-8376-3891-2

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