Wer war Galina Ivanovna Ustvolskaja?

Souveräne Biografie über eine schwer zu fassende Komponistin.

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Die beiden Wiener Musikwissenschaftler Tatjana Marković und Andreas Holzer sahen sich auf ihrer Suche nach schlüssigen Antworten zunächst vor erhebliche Probleme gestellt: Informationen über das Leben der russischen Komponistin sind überaus spärlich vorhanden. Ustvolskaja verbrachte ein zurückgezogenes Leben in Leningrad/St. Petersburg, gab so gut wie keine Interviews und scheute überhaupt jeglichen Kontakt mit der Öffentlichkeit. Dennoch formten Marković und Holzer aus profund recherchierten und sich im Informationsgehalt auch öfters widersprechenden biografischen Schnippseln verschiedener Herkunft ein plastisches Bild der schillernden Künstlerin, das der Schweizer Komponist Edu Haubensak ausserdem mit einem pointierten Essay ergänzt hat.

1919 in Petrograd geboren, studierte Ustvolskaja ab 1937 zehn Jahre lang Komposition am Leningrader Konservatorium, bevor sie sich ausschliesslich ihrem eignen Schaffen widmete. Es gehört zu den Qualitäten dieser Biografie, dass sie Phänomene wie die harsche Abgrenzung, die Ustvolskaja später gegenüber ihrem damals eng verbundenen Lehrer Dmitri Schostakowitsch vollzog, gründlich und nüchtern erörtert. Wahrheiten über Persönlichkeit und Werk der Komponistin werden von den Autoren damit weniger fixiert als reflektierend zur Diskussion gestellt. Marković und Holzer liefern darüber hinaus erhellende Darstellungen der für Ustvolskaja wesentlichen gesellschaftlichen, politischen und ästhetischen Kontexte. Und sie denken diese auch in ihren ausführlichen musikalischen Analysen des schmalen Œuvres Ustvolskajas mit – ein Œuvre, das die Komponistin zeitlebens fein säuberlich in zwei kompositorische Schichten getrennt wissen wollte: in eine der «typisch sowjetischen» und eine der «eigentlichen» Stücke. Die dem Buch beigelegte CD beinhaltet letztere; die vielschichtigen Musikanalysen Markovićs und Holzers können damit auch akustisch nachvollzogen und verglichen werden.

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Andreas Holzer und Tatjana Marković, Galina Ivanovna Ustvol’skaja. Komponieren als Obsession, 299 S., mit CD, Fr. 39.90, Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2013, ISBN 978-3-412-21031-1

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