Fairplay vom Ständerat gefordert
Der Ständerat berät am 12. März die Revision des Urheberrechtsgesetzes. Die Kulturschaffenden wehren sich gegen einen Antrag, wonach keine Urheberrechtsvergütungen auf Empfangsgeräten in Hotels und Ferienwohnungen mehr erhoben werden sollen, obwohl Gäste in solchen Unterkünften für die Nutzung von Musik und Filmen auf dort vorhandenden Geräten zahlen.

«Besitzer von Hotels und Ferienwohnungen würden in Zukunft keine Urheberrechtsvergütungen mehr bezahlen», schreibt Swisscopyright in der heutigen Medienmitteilung. Und weiter: «Über diese Idee, eine geschuldete Entschädigung zugunsten der Hoteliers fallen zu lassen, entscheidet der Ständerat am kommenden Dienstag. Musikschaffende, Filmemacher, Schauspieler und andere Kulturschaffende wären die Geprellten. Sie würden sodann mit ihrer Arbeit die Hotellerie in der Schweiz subventionieren, anstatt für die geschäftliche Nutzung ihrer Werke fair entschädigt zu werden.
Der Antrag basiert auf einer parlamentarischen Initiative von Philippe Nantermod, FDP-Nationalrat VS. Die kleine Kammer würde damit ein Präjudiz schaffen: Das Bundesgericht hat im Dezember 2017 entschieden, dass für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen in Hotelzimmern oder Ferienwohnung weiterhin eine Vergütung bezahlt werden muss, wenn die dazu notwendigen Geräte wie Fernseher oder Radios vom Hotelier bzw. Vermieter zur Verfügung gestellt werden. Anders als von den Initianten behauptet, handelt es sich hier nicht um Privatgebrauch.
Internationales Recht würde missachtet – Schweizer Kulturschaffende wären benachteiligt
Ein Gutachten der Universität Lausanne im Auftrag von Swisscopyright, dem Verbund der fünf Schweizer Verwertungsgesellschaften, stellt fest: Der im URG neu geschaffene Artikel widerspräche der Berner Übereinkunft, einem völkerrechtlichen Vertrag zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst; aus diesem Grund könnte dieser nur für die Schweizer Kulturschaffende gelten, wenn die Schweiz ihre internationalen Verpflichtungen einhalten will. Die Schweizer Kulturschaffenden wären also diskriminiert. Es würde eine paradoxe Situation entstehen: Schweizer Künstlerinnen und Künstler erhielten keine Vergütungen mehr, die Hotels müssten aber für Werke ausländischer Kulturschaffender bezahlen. Die Regelung würde auch weitere internationale Abkommen missachten: das World Copyright Treaty WCT und das WTO-Freihandelsabkommen TRIPS. Dies könnte wirtschaftliche Sanktionen gegen die Schweiz zur Folge haben.»
Keine Forderung seitens der Kantone
Zudem führt Swisscopyright aus: «Der neue Artikel im URG sollte laut Vorschlag auch Spitäler und Gefängnisse von der Urheberrechtsvergütungen befreien,» und hält fest, weder kantonale Gefängnisinstitutionen noch Spitäler forderten dies, keine der Institutionen habe erklärt, die Entschädigung der Kulturschaffenden nicht mehr entrichten zu wollen: «Einmal mehr: Hier würde einzig auf Betreiben der Hotellerie für diese eine Ausnahme geschaffen. Für das Kulturschaffen würde diese ungerechtfertigte Massnahme grossen Schaden anrichten. Swisscopyright fordert die Ständerätinnen und Ständeräte zum Fairplay auf. Diese Bevorteilung der Hoteliers ist nicht nötig und auch nicht sachgerecht.
Ein hart errungener Kompromiss steht auf dem Spiel
Der Antrag verletzt schliesslich den hart ausgehandelten und fragilen Kompromiss der Arbeitsgruppe zum Urheberrecht (AGUR 12). Die Forderung, Hoteliers hier (plötzlich) auszunehmen, gelangte zu einem sehr späten Zeitpunkt im Nationalrat in die Gesetzesvorlage. Um den Kompromiss zu ermöglichen, haben Urheber und Rechteinhaber jedoch vorher viele Konzessionen gemacht.»
Soweit die Medienmitteilung von Swisscopyright, des Verbundes von ProLitteris, SSA, Suisa, Suissimage und Swissperform.
Offensive der Musikschaffenden
Auch die Musikerinnen und Musiker wehren sich in einer von Sonart – Musikschaffende Schweiz orchestrierten Aktion ausdrücklich gegen diesen Antrag: «Wir subventionieren nicht die Tourismusindustrie!» Sie fordern den Ständerat auf, den Antrag Nantermod abzulehnen. Sonart ruft dazu auf, sich an der Kampagne in sozialen Netzwerken zu beteiligen und sich am Montag, 11. März, zwischen 11 und 13 Uhr auf dem Bundesplatz in Bern zu einer Flyerverteilaktion zusammen mit den Filmschaffenden zu treffen.
Weitere Informationen dazu:
https://www.sonart.swiss/de/projekte-kampagnen/alle-0/urg-revision-12/
Nachtrag 12. März 2019
Der Ständerat hat beschlossen, die Beratung zu verschieben. Wie die SDA schreibt, will er «die Entwicklung in der EU abwarten, bevor er über die Revision des Urheberrechts entscheidet‘. Und weiter: «Grund für den Entscheid ist eine umstrittene Ergänzung, welche die Kommission angebracht hatte: Sie wollte Internetplattformen wie Google und Facebook zugunsten der Medienverlage zur Kasse bitten, wenn sie Textanrisse und Hinweise auf Artikel veröffentlichen. Der Ständerat befand, der Vorschlag sei nicht ausgegoren.»