Ars Electronica Forum Wallis 2025
Im Rahmen der 10. Ars Electronica Forum Wallis Call for Acousmatic Works kamen 26 Werke in die Ränge, für 14 weitere gab es eine Special Mention. Eingereicht wurden 279 Werke von 249 Komponierenden aus 39 Ländern und allen Kontinenten.

Die 10. Ars Electronica Forum Wallis Selection Concerts werden von Simone Conforti (IRCAM Paris) kuratiert und performt. Sie finden am 28. und 29. Mai 2025 im Rahmen des Festivals Forum Wallis am MEbU im Goms statt. Die Jury bildeten Kotoka Suzuki (JPN), Jaime Oliver La Rosa (PER), Reuben de Lautour (NZL) und Javier Hagen (Festivalleitung Forum Wallis).
Resultate
Concert Selection (26 Werke)
Alvarez Tobias, Paralelismos (MEX)
Bangun Setyawan Candra, Idrak (IDN)
Behrens Marc, L’écrit fantome (GER)
Bordin Matteo, Symbols (ITA)
Borrel Stéphane, The Favourites (FRA)
Cappelletti Nicola, Parallaxe.Parataxe (ITA)
Castro Pinto Joao, Circumsphere: to bounce and rebounce (PRT)
Cheung Chris, Casting light (HKG)
Curgenven Robert, Across Country (AUS)
Dall’Ara-Majek Ana, Mare Buchlae (FRA)
Delgado Gustavo, Strin[G]i(n)[Mi] (ARG)
Duchenne Jean-Marc, L’énigme des objets (FRA)
Fumo Frattegiani Nicola, Hybris (ITA)
Karkatselas Theodoros, Lacuum (GRC)
Koszolko Martin, Tympan (AUS)
Kubaczek Benjamin-Alan, Impromptu 8 (AUT)
Kuehn Mikel, Dancing In The Ether (USA)
Nguyen David Quang-Minh, Texture Arc The Points (USA)
Oliveira Joao Pedro, Pulses (BRA)
Orlandini Valerio, Jeu de Bruits (ITA)
Perez Simon, Las cifras y las palabras (ARG)
Sambucco Dominic, Versenkung (ITA)
Sintaratana Tanid, Fragments (THA)
Sismann Valentin, Morphaime (FRA)
Talebi Shahrzad, WatchTheOnlyWayHomeDisappear (IRN)
van der Loo Ernst, Void Population (NLD)
Special Mention (14 Werke)
Argento Cristian, Diviso in Due (ITA)
Gintas K, Crunchy (LTU)
Guzman Roy, Guasábara (PRI)
Harper Nathan, Nutria No. 4 (USA)
Hernández Elliot, Leviathan (MEX)
Hernandez Omar, de tu piel supura… tristeza /from your skin exudes… sadness (MEX)
Huerta Concepción, somos de los lugares… (MEX)
Magnien Léo, dans la plaine incertaine (FRA)
Moyers Timothy, On the Rim of Conciousness (USA)
Polymeneas-Liontiris Thanos, Tettix ‚A (GRC)
Quint Ursel, Es (GER)
Sintaratana Tanid, Phi Fa (THA)
Soria Edmar, PostAnthroposRecord1 (MEX)
Turcotte Roxanne, Alibi des voltigeurs (FRA)
Forum Wallis
Das Forum Wallis ist ein jährlich stattfindendes internationales Festival für Neue Musik im Wallis. Seit 2006 hat das Forum Wallis über 300 Uraufführungen mitproduziert und Werke von über 500 Komponistinnen und Komponisten aus aller Welt präsentiert, darunter Stockhausens Helikopterstreichquartett zusammen mit dem Arditti Quartet, André Richard und Air Glaciers sowie Cod.Acts Pendulum Choir. Zu den regelmässigen Gästen des Festivals gehören Ensembles wie recherche, Zafraan, UMS’nJIP, dissonArt, Steamboat Switzerland, Klangforum Wien, ensemble für neue musik zürich, Contrechamps oder Ensemble Modern.
Nachtrag am 7. April 2025 – Interview
In der Jahrespublikation Carol von arttourist.com (eine Marke von Art Cities in Europe, «eine Nische zwischen Zeitung, dem Magazin und dem reinen Veranstalterkatalog» gemäss https://www.arttourist.com/about.html) wird das Forum Wallis porträtiert (Seiten 48 und 49). Der Verleger Kai Geiger hat mit Javier Hagen das folgende Interview geführt.
Kai Giger: Was ist die Ars Electronica Forum Wallis?
Javier Hagen: Die Ars Electronica Forum Wallis (AEFW) ist eine seit 2015 bestehende Programmschiene für akusmatische Musik innerhalb des Festivals für Neue Musik Forum Wallis. Deren Repertoire speist sich Jahr für Jahr aus einem internationalen Call for Acousmatic Works, 2025 feiert sie ihre 10. Ausgabe.
Wie kamen Sie dazu, diese in den Walliser Alpen zu etablieren?
Akusmatische Musik (Anm. d. Red.: Musik ausschliesslich für Lautsprecher) ist in ansprechender Qualität selten live zu erleben, denn die technischen Anforderungen sind komplex und die Instrumente teuer. Am MEbU im Goms verfügen wir aber über ein fix installiertes State of the art-16-Kanal-Akusmonium. Dieses wurde von Simone Conforti, der am IRCAM in Paris unterrichtet und für die Biennale Musica in Venedig tätig war, designt und eingerichtet. Somit können wir denkbar beste Voraussetzungen für akusmatische Musik bieten — und mit dieser Programmschiene weitherum auch ein einzigartiges Alleinstellungsmerkmal. (schmunzelt) Zudem ist akusmatische Musik angesichts der Pracht der Walliser Alpen auch ein Statement, das zum Nachdenken anregt.
Bemerkenswert ist, dass beim Call for Acousmatic Works der AEFW keine Anmeldegebühren anfallen, ebenso wenig gibt es ein Ranking, was sind die Gründe hierfür?
Es gibt zahlreiche Wettbewerbe, deren Kosten zu einem beträchtlichen Teil über die Anmeldegebühren von KomponistInnen finanziert werden und deren Preisgelder im Verhältnis dazu symbolisch sind. Wir vertreten den Standpunkt, dass der Veranstalter die Mittel für eine solche Konzertreihe nicht auf die Mehrheit der — notabene nicht ausgewählten — KomponistInnen abwälzen sollte, sondern diese unabhängig davon generieren muss.
Zur Rankingfrage: Uns geht es darum, einer möglichst grossen Zahl von Werken Visibilität zu verschaffen. Lediglich drei Werke aus Hunderten von Eingaben in einem Ranking zu küren finden wir anmassend. Unser Prinzip ist vielmehr ein aktivistisches. Lassen Sie mich dies anhand des folgenden Vergleiches etwas näher erläutern: vor 40 Jahren — in Zeiten vor Internet — gab es, sagen wir mal, weltweit ein Dutzend unabhängiger Bubbles, in welchen Neue Musik gespielt, rezipiert und eben auch in Wettbewerben gewürdigt wurde. In jeder Bubble kamen jeweils etwa 20 Komponierende regelmässig in die Ränge, was auf die weltweite Szene hochgerechnet bedeutet, dass über 200 KomponistInnen die Top-Rankings weltweit unter sich ausgemacht haben.
In unserer globalisierten Welt sind diese Bubbles zu einer grossen zusammengeschmolzen, aber die Anzahl der gekürten Komponierende ist nicht um den entsprechenden Faktor gewachsen. Im Gegenteil, sie hat sich verringert: gefühlt sind nicht mehr als 50 Komponierende regelmässig in den Top-Rankings zu finden. Das sind 75% weniger, das professionelle Spielfeld ist somit verknappt. Auch wenn es nur ein Tropfen auf dem heissen Stein ist: Indem wir nicht nur eine Handvoll, sondern wie in diesem Jahr 26 Stücke spielen und 14 weiteren eine Special Mention verleihen, bekommen überdurchschnittlich mehr Werke ein Spielfenster und alle KomponistInnen ein Zertifikat. Die gespielten Komponierende erhalten die Royalties und die Übernachtungen bezahlt, was bereits in vielen Fällen ein Preisgeld übersteigt. Insgesamt finden wir das zielführender.
Die Jury der AEFW ist mit Kotoka Suzuki, Reuben de Lautour, Jaime Oliver La Rosa und Ihnen seit Jahren dieselbe, hat dies eine spezielle Bewandtnis?
Ja, das ist eine bewusste Entscheidung: Wir haben ein konstantes Jury-Ensemble, das über die Jahre einen ästhetischen Diskurs führt. Dieser wäre nicht möglich, wenn die Jury jedes Jahr anders zusammengesetzt würde. Der Austausch der Jurymitglieder ist ausgesprochen offen, und wir überblicken gemeinsam eine Entwicklung über mehrere Jahre, was besonders wertvoll ist. Besonders ist auch, dass wir über die individuellen Backgrounds der Jurymitglieder — mit der Ausnahme von Afrika, zumindest noch für den Moment — sämtliche Kontinente abdecken: Kotoka Suzuki steht für den asiatischen Raum, Jaime Oliver La Rosa für beide Amerikas, Reuben de Lautour für den türkisch-arabischen und austro-pazifischen Raum und ich für das alte Europa.
Ist die akusmatische Musik männerdominiert? Die Programm-Lineups lassen zumindest diese Vermutung zu.
Zahlenmässig scheint dies der Fall zu sein, musikalisch ist es aber nicht so: Unsere Erfahrung zeigt, dass sich hinter den Stücken, die wir intern über die Jahre am höchsten bewertet haben, auffällig oft Komponistinnen verbergen. Dabei stellen diese in der Regel — und leider — nicht mehr als 20% des Eingabekollektivs. Sie kommen aber mit ihren Stücken statistisch sehr weit nach vorne. Wir wählen Stücke aus, die wir hörens- und vorstellenswert finden. Notabene: in mehreren Ausgaben reichten Komponistinnen so gute Werke ein, dass wir in einzelnen Jahren Küren mit mehr als 50% Komponistinnen hatten, und dies bei einer Beteiligung von weniger als 25% Komponistinnen! Chapeau!
AEFW, quo vadis?
Da die IGNM-VS, die Ortsgruppe der Int. Gesellschaft für Neue Musik, welche das Forum Wallis organisiert, mit dem MEbU eine Partnerschaft eingegangen ist, können wir in den kommenden Jahren jederzeit auf ein qualitativ überdurchschnittlich gutes Instrument zurückgreifen. Das MEbU hat seit 2023 mit der Ars Acusmatica eine eigene Konzertreihe für akusmatische Musik im Goms aufgebaut und bietet über das ganze Jahr weitere Spielmöglichkeiten für akusmatische Musik an. So werden wir in den kommenden Jahren diese Aktivitäten verstärken und bedeutend mehr Werke spielen lassen können.