Streams konkurrenzieren Livekonzerte nicht

Ein Experiment der Kammerphilharmonie Frankfurt und des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik (MPIEA) zeigt, dass Streams keine Konkurrenz zum Livekonzert sind. Sie begründen vielmehr ein eigenständiges audiovisuelles Musikformat.

Die Live-Situation  (Foto: MPI für empirische Ästhetik/ Felix Bernoully)

Das Experiment gliederte sich laut der Medienmitteilung des MPIEA ein in eine Konzertreihe, bei der die Kammerphilharmonie öffentliche Räume in Frankfurt in Konzertorte verwandelte. Am Abend des 11. September 2022 spielte das Ensemble zwei Konzerte mit identischem Programm auf dem Campus Bockenheim der Goethe-Universität Frankfurt. Die je 60-minütigen Aufführungen umfassten unter anderem Werke von George Gershwin und Florence Price. Sie fanden im Festsaal des Studierendenhauses statt und wurden zeitgleich in das im selben Gebäude gelegene Café KoZ gestreamt. Das Publikum war eingeladen, während der Konzerte zwischen den Sälen hin- und herzuwechseln, um die Qualitäten beider Formate zu erleben.

Insgesamt 130 Personen besuchten die beiden Vorstellungen, die vom MPIEA wissenschaftlich begleitet wurden: 111 Besucher:innen nahmen an der Vor- und 96 an der Nachbefragung per Fragebogen teil. Darüber hinaus führten die Forscher:innen insgesamt 38 vertiefende Interviews. Ergänzt wurde die Datenerhebung durch Videoaufnahmen, die während der Konzerte vom Publikum gemacht wurden. «Wie zu erwarten, wurde das Live-Erleben insgesamt als intensiver und mitreissender beschrieben, aber vor allem in Bezug auf das Visuelle und das Akustische hinterliess auch der Live-Stream mehrheitlich einen sehr guten Eindruck», berichtet Julia Merrill vom MPIEA.

Obwohl fast alle der Live-Situation den Vorzug gaben, wurden Streaming-Formate keineswegs für überflüssig gehalten – und zwar nicht nur als lohnende Alternative bei beispielsweise eingeschränkter Mobilität oder aus Kostengründen. Für das weitere künstlerische Erkunden von Live- und Übertragungsformaten scheint es daher vielversprechend, solche Formate nicht als Konkurrenz zueinander aufzufassen oder mit dem einen das andere kopieren zu wollen. Stattdessen gilt es, sich jeweils der spezifischen Bedingungen und Möglichkeiten klar zu werden und Formate komplementär zueinander als künstlerische Formen eigenen Rechts zu entwickeln, die Musik auch auf unterschiedliche Art und Weise erfahrbar machen.

Mehr Infos:
https://www.aesthetics.mpg.de/newsroom/news/news-artikel/article/live-vs-stream.html

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