Variationen über «Ich bin der Schneider Kakadu»

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf die Variationen über «Ich bin der Schneider Kakadu» von Wenzel Müller für Klavier, Violine und Violoncello.

Sie sind noch immer ein Geheimtipp unter den Werken Beethovens und alles andere als gefällig: die Variationen über das Lied «Ich bin der Schneider Kakadu». Bis heute ist unklar, wann das Werk komponiert wurde – mit Sicherheit aber wohl geraume Zeit, womöglich Jahre, bevor Beethoven es erstmals am 19. Juli 1816 in einem Brief an den Verleger Gottfried Härtel erwähnt. Trotz der zeitlichen Distanz sah der Musikkritiker Paul Bekker in ihm gar ein «verkleinertes Gegenstück» zu den 1823 abgeschlossenen und ins Kolossale getriebenen Diabelli-Variationen op. 120.

Bekkers Kommentar bezieht sich dabei sowohl auf die Variationsfolge selbst als auch auf die umfangreiche langsame Einleitung und den von Beethoven auch so bezeichneten «Anhang» an die letzte, zehnte Variation. Während dort mit einem Fugato das Thema allmählich aufgelöst wird und es nur noch einmal als Reminiszenz erscheint, entspringt die Einleitung der geradezu paradoxen Idee, ein eigentlich schon vorhandenes, noch dazu sehr populäres Thema aus einzelnen Motiven zu entwickeln: Beethoven erschafft das den folgenden Variationen zugrunde liegende und Anfang des 19. Jahrhunderts in Wien gängige Lied Ich bin der Scheider Wetz und Wetz quasi neu. (Der Text wurde schon von den Zeitgenossen zu «Schneider Kakadu» verändert.) Die Melodie findet sich ursprünglich in dem 1794 uraufgeführten Singspiel Die Schwestern von Prag von Wenzel Müller (1767–1835). Aus der Feder dieses einstmals sehr beliebten Wiener Komponisten stammt auch das Singspiel Kaspar, der Fagottist, oder: Die Zauberzither (1791), dessen Libretto wie das von Mozarts Zauberflöte auf Wielands exotische Märchensammlung Dschinnistan zurückgeht.

Dass es sich bei den sogenannten Kakadu-Variationen nicht primär um Musik zur gefälligen Unterhaltung handelt, wurde bereits von Beethovens Zeitgenossen beobachtet. So ist im Allgemeinen musikalischen Anzeiger von 1830 zu lesen: «Das alte Lied des Schneider Crispinus, alias: Wetz, Wetz, Wetz, ist auf eine Art und Weise, mit solchem Geiste und kühner Phantasie variirt, wie ein Meister nur immer variiren kann. Leicht ist die Geschichte freylich nicht; soll’s aber auch nicht seyn, denn zum eitlen Getändel ist’s wahrlich keineswegs bestimmt.»


Hören Sie rein!

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