Jean Nyder: Pianist, Komponist und Poet
Der Neuenburger hat ein beachtliches Werk an Klavier- und Kammermusik hinterlassen, ebenso Gedichte.
Seine drei gedruckten Gedichtbände sind erhältlich im Réseau Romand des bibliothèques de Suisse occidentale (RERO) und in der Schweizerischen Nationalbibliothek. Seine Kompositionen warten darauf, wieder aufgeführt zu werden. Für Informationen kann die Bibliothek des Conservatoire de musique neuchâtelois kontaktiert werden. Nyder schrieb auch für besondere Besetzungen mit Orgel, Cembalo, Oboe, Klarinette, Flöte, Gitarre, Stimme usw.
Charakterisierung
«De la mort l’amour est prélude» ist ein charakterisierender Ausspruch des im Februar 1982 von uns geschiedenen Neuenburgers Jean Nyder.
Für den rastlosen Klavierinterpreten, Komponisten, Dichter und Pädagogen war das Leben Liebe suchen und leiden. 1923 in Neuenburg geboren, zeigte Jean Nyder (ursprünglich Ernest Jean Niederhauser) schon früh erstaunliche pianistische Fähigkeiten. Nach dem Gymnasium errang er in Genf das Diplôme de capacité und in Paris den Prix de virtuosité.
Über seine Ausbildung im Interview des welschen Fernsehens sagte er1968: «Ich hatte das Glück, von zwei deutlich gegensätzlichen Lehrern unterrichtet worden zu sein. Johnny Aubert war streng klassisch, aufbauend, extrem objektiv; und Alfred Cortot überprüfte diese ganz klassische Arbeit mit seinem aussergewöhnlich transzendenten Überblick – er war ein unersetzbarer Poet.» Über seine Meinung zur heutigen Interpretationsweise romantischer Musik befragt, meinte er: «Das menschliche Wesen ist in einem aussergewöhnlichen Dilemma. Es hat von Natur aus unbegrenzte Möglichkeiten, aber nicht sofort und in jedem Moment. Man verlangt von einem Interpreten eine derartig perfekte Präzision, ein grosses Repertoire und eine ungeheure Verfügbarkeit, dass fatalerweise manchmal keine innere Entwicklung, Entfaltung der Musik und des Musikers stattfinden kann; denn es gibt keine Wesen, die alle Gaben im Extrem besitzen. Ich spreche damit nicht von der Musikalität, sondern vom Gedanken, der sich hinter der Musik verbirgt, von der Stille, die der Musik vorausgeht.»
Jean Nyder konnte tausend Farben aus dem Klavier zaubern und den Zuhörer durch das Bewusstmachen des Hintergründigen beglücken. Er konzertierte in der Schweiz, in Frankreich, Portugal und Brasilien.
Zurück von diesen Reisen, wandte er sich einem grossen Schülerkreis zu. Er gab Hausunterricht in Bern, Biel, Neuenburg, Lausanne, Yverdon und Genf und nutzte zum Reisen die Eisenbahn wie in Paris die Metro. Mit freundschaftlicher Liebe und Einfühlungsvermögen verstand er, auch bescheidensten Talenten zu künstlerischem Ausdruck zu verhelfen. Ein ehemaliger Schüler schreibt: «Jeder Mensch gab Jean Nyder ein Rätsel auf, dem er auf den Grund gehen wollte. Der ebenso mathematisch wie psychologisch Begabte versuchte, die menschlichen Gleichungen zu lösen. Er strahle grosse Güte aus, und hatte eine geballte Kraft in sich, die fast jeden anzog. Jean Nyder weigerte sich, Menschen nach äusseren gesellschaftlichen Kriterien einzuteilen; für ihn bildeten alle zusammen einen Organismus, dem er schlichterweise auch angehörte. Er sah im Menschen einen Teil des Kosmos, den er als Künstler interpretierte. Er war ein Magier, der uns die Kunst vorlebte und uns damit entzückte.»
In der Eisenbahn und nach Mitternacht komponierte er. 1968 führte er aus: «Seit vier Jahren habe ich mir angewöhnt, nur drei Stunden zu schlafen. Ich liebe das Komponieren. 128 Klavierstücke sind bis jetzt entstanden. Ich hatte, um alles zu untermauern, zu klären und klassisch zu bleiben den ausgezeichneten Lehrer Charles Chaix, der sehr streng war. Das hat mir erlaubt, herauszusieben, was zu spontan war.»
1964 schrieb Jean Nyder Musik für einen Expo-Film, 1966 für einen Film über den Zirkus Knie, wobei ihn sowohl die Sekundenpräzision, mit der die Musik mit den Filmsequenzen übereinstimmen musste, als auch die Zirkusatmosphäre faszinierten. Zu letzterer sagte er: «Sie ist eine ausserordentliche Lektion moralischen und physischen Gleichgewichts.»
Seine Kammermusikwerke haben eigenwillige Besetzungen, z. B. das 1977 entstandene Quintett mit dem Namen Sphère cubique ist für Flöte, Oboe , Geige, Cello und Cembalo. Farbig und dicht ist die Harmonik, mit der er das im Grunde tonal gehaltene Melodiegewebe aussetzt.
Nach langen Stunden des Komponierens und Unterrichtens regte sich im Nimmermüden auch der Dichter. In den Sechzigerjahren erschienen von ihm drei Bände Gedichte und Prosa: Silence et carrousel, Clavier de couleur und Kaleidoscope. In letzterem steht: «Ich suchte vergeblich eine Gedichtsammlung nach meinem Herzen, so beschloss ich, sie zu schreiben. Silence et carrousel fiel auf mich wie ein vielfarbiger Regenschauer.» Im Interview führt er weiter aus: «Ich sagte mir schon sehr jung, das Glück auf Erden müsste darin bestehen, so stark sich selbst zu sein, um etwas Unersetzliches schaffen zu können. Diese Möglichkeit läge in der Reichweite jedes Menschen, wenn er sich dessen nur bewusst wäre. Ich glaube nämlich nicht, dass Musiker oder Dichter ausserordentliche Menschen sind.»
Jean Nyder fühlte sich vielseitigen Zeitgenossen wie Picasso, Cocteau, Strawinsky und leidenden Vorgängern wie van Gogh, Rimbaud, Baudelaire stark verbunden und kannte ihre Werke sehr gut. In seiner Poesie ist denn auch in starken Farben vom Leiden, von Zirkus und Clowns, vom tragischen Lebenskarussell die Rede; vom Tanz der aufgesetzten Masken und vom tapferen Lächeln, das sich trotz allem hie und da dahinter zeigt.
Das Journal de Bord für Klavier und Violine, entstanden 1977–79, enthält autobiografische Züge. In seiner Widmung an Walter Amadeus Ammann schreibt er: «Ich offeriere dir dieses ‹Stürmische Tagebuch›. Unnötig, es ins Feuer zu werfen! Es würde geradewegs wieder und wieder heraustreten. Erst vor zwei Jahren entschloss ich mich, es ganz heiss auszugraben, daran meine Pfeife anzuzünden, meine Freundschaften, schwarzen Ängste und weissen Freuden wieder aufleben zu lassen. Übrigens – du weisst es gut – ist mein Werk ein indirektes Bekenntnis, ein ‹maskierter Schrei›, der sich trotzdem aus nächster Nähe ausstossen lässt. Die fünf Karten oder Standarten, die du unter den Augen hast, habe ich gemeisselt, graviert indem ich an dein subtiles Ohr und an deinen diabolisch-magischen Bogenstrich dachte … mögen unsere Blindheiten von Geburt an uns erlauben, noch ein kleines Stück der Ewigkeit an der warmen Sonne der freien Heiterkeiten und aller möglichen Geheimnisse entlang zu gehen.
verfasst am 6. Juni 1982 von Amadé und Iniga Ammann
Notice biographique
Ernest Jean NIEDERHAUSER, fils de Alfred Ernest Niederhauser et de Marie Suzanne, née Richter, est né le 18 octobre 1923.
Originaire de Neuchâtel, il a vécu toute sa vie dans cette ville, dans le même immeuble, chez ses parents, à la rue de la Côte 107. Originaire de Neuchâtel et Wyssachen BE.
Etudes primaires à Neuchâtel (Collège des Parcs) et secondaires (Collège latin).
A commencé ses études de piano à l’âge de 4 ans. Son premier professeur fut à Neuchâtel M. Pierre Jacot. Poursuivit sa formation au Conservatoire de Genève avec le pianiste Johny Aubert et Charles Chaix pour la composition.
Il se rendit ensuite à l’Ecole normale de musique à Paris, où il fut entre autres, l’élève du grand pianiste Alfred Cortot.
Revenant en Suisse, Jean NYDER (son nom «de guerre») commença une carrière de professeur et par la suite de compositeur. Il aimait la musique de chambre et donna plus de 300 concerts en duo avec le violoniste Paul Druey de Genève.
Il publia également des recueils de poèmes.
Pour le surplus, consulter sa liste des œuvres.
Il est décédé à Neuchâtel le 12 février 1982.
Yann Richter
Uraufführung von 1982 des fünfteiligen «Journal de Bord» (Weiterleitung zu Youtube)
Deux poêmes, extrait de
JEAN NYDER, LE CLAVIER DE COULEUR
Un cœur sous la neige
La cathédrale en sucre où l’orgue fraîche joue
Ses gammes de glace, ses violets accords ;
Un cœur très étonné dans la gorge s’enroue,
Se cogne à l’infini dans un chaud corps à corps.
Cosmos bien déguisé; j’aime son nouveau masque,
Son bruit de silence… plus loin que tout lointain;
Un théâtre d’amour se neige dans le risque,
Me dit son verbe rouge au plus glacé matin.
Je savoure mon luxe et mon costume mauve.
Ma guitare est cassée et pourtant chante mieux!
Je recolle mon cœur qui par le toit se sauve…
… Son soleil est en fête et flambe à qui mieux mieux.
Neige ! Sous toi tressaille un lourd « Jadis » en miette…
… Me hurle l’oiseau mort un presque bleu-futur.
Dans le port un navire attend; il fait la sieste;
Et si le banjo dort… Il rêve. J’en suis sûr.
Il me reste ma peau pour sculpter une danse…
Et mon cœur qui d’amour se conjugue au présent.
Ma maison rit sous neige et j’ai bien de la chance
D’être enterré tout vif et pourtant… si vivant!!
Tout compte fait…
Clavier de couleur est la nature
Et virtuose l’homme apprenti;
Mais chef-d’œuvre sera la rature
Qui donne vie au décor abruti.
Clavier de sons: Musique du vide
Et virtuose l’homme ignorant
Qui tisse un arpège et le dévide
En jouant sa gamme à contre-courant.
Clavier d’Aujourd’hui: nos ris, nos larmes
Et virtuose l’homme inconnu
Qui sur la scène croise les armes
Pour mieux rertanspercer le décor nu.
Clavier de Toujours: la mort, la vie
Et virtuose l’homme hasardeux
Qui pressent qu’au festin le convie
Son court poème qui danse entre deux.
Clavier aux mille feux: Toi ! folle poésie…
Et lentes à tes yeux nos virtuosités ;
Mais sans fin, sans repos: Ton règne de magie
Qui redonne à l’instant couleur d’Eternité.