m4music: Düstere Aussichten für die Clubkultur

Die 27. Ausgabe von «m4music» bot neben Konzerten einmal mehr Panels und Workshops an. Wie sich Konzertlokale, aber auch die einzelnen Musikschaffenden noch finanzieren können, gab zu reden.

Auftritt des Zürcher Duos L Loko & Drini im Rahmen von m4music am 28. März 2025. Foto: Jonathan Labusch

Das zweitägige Popmusikfestival des Migros-Kulturprozents vom 28. und 29. März zog neben 6000 Besucherinnen und Besuchern auch rund 1600 Branchenprofis an. Auf den fünf Bühnen rund um den Zürcher Schiffbau präsentierten sich mehr als 40 Acts. «Die Schweizer Musikszene hat gezeigt, dass sie lebendig, vielfältig und innovativ ist», bilanzierte Festivalleiter und Mitbegründer Philipp Schnyder. Zudem sei es dem Event, der sich in erster Linie als Plattform für aufstrebende nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler versteht, einmal mehr gelungen, einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung der Musikszene zu leisten.

Gute Songs finden ihr Publikum

Der zweite Festivaltag war nicht mit Wetterglück gesegnet, weshalb es die Besucherscharen kaum nach draussen drängte. Mit der Folge, dass sich das Publikum vorzugsweise im Schiffsbau staute. Das gut besuchte Panel «Wohin sollen wir gehen, wir Musikschaffende?» setzte sich insbesondere mit der Frage auseinander, inwiefern sich unabhängige Künstlerinnen und Künstler überhaupt noch finanzieren können.

Die in Zürich lebende Moderatorin Meng Tian war bis 2017 selbst als Singer/Songwriterin aktiv. Mittlerweile hat sie die Seiten gewechselt und berät nun Marken und Unternehmen. Auf ihre Frage, welchen Stellenwert die Musikpromotion heute noch spiele, antwortete Sebastian Król, Gründer der Hamburger Musikagentur Backseat, dass diese für Musikschaffende weiterhin relevant sei. «Doch die Musikpromotion verliert zunehmend an Wichtigkeit», fuhr er fort. Was den Unternehmer zur Einsicht brachte, über einen direkten Kanal zu ihren Fans zu verfügen, sei für Musikschaffende wichtiger denn je. Dies könne ziemlich zeitintensiv sein, gab Singer/Songwriterin Hilke Ros zu bedenken. «Mittlerweile betreibe ich einen enormen Aufwand, um meine Musik auch zu visualisieren – und das gratis.» Leisten könne sie sich das einzig, weil sie nebenher als Software-Entwicklerin arbeite.

Digital-Experte Marcel Hunziker, der seit einigen Jahren in London zu Hause ist, sah die Situation gelassener: «Ich bin und bleibe optimistisch. Entsprechend glaube ich, dass gute Songs immer ihr Publikum finden werden.» Zugleich zeigte er sich überzeugt, dass sich Musikschaffende in dem Mass um ihre Fanbasis kümmern sollten, wie es ihr eigener Businessplan vorsieht. «Wir pushen unsere Artists jedenfalls nie dazu, Content für die Anhängerschaft zu kreieren.»

Löcher in den Kassen

Auf noch grösseres Interesse stiess das Panel «Clubs in der Krise – neue Wege oder alte Muster?» Alexandra Götz, die seit bald sieben Jahren der Betriebsleitung des Winterthurer Clubs Kraftfeld angehört, verwies zu Beginn der Diskussionsrunde auf eine Umfrage aus Zürich. Sie besagt, dass der Umsatz eines Clubs im Kanton vor der Pandemie noch bei 45 Franken pro Gast lag. «Heute soll dieser im Schnitt 15 Franken geringer ausfallen.» Das hänge insbesondere damit zusammen, dass das ältere Publikum nach Corona den Weg in die Clubs nicht mehr gefunden habe, während das jüngere nie nachgerückt sei. Als Folge hätten sich die Finanzen des Kraftfelds rapide verschlechtert. Ein Abwärtstrend, der nur dank erfolgreicher Crowdfunding-Kampagne keine fatalen Folgen für den Club hatte.

Düster seien auch die Aussichten für das Fri-Son in Fribourg, erzählte dessen Generalsekretärin Léa Romanens. Die Westschweizerin führte die Malaise des renommierten Konzertortes nicht zuletzt auf die Tatsache zurück, dass sich die Abende, an denen ein DJ auflege, nicht mehr rechneten, was zu einem Loch in der Kasse geführt habe. Hinzu komme, dass Millennials – anders als frühere Generationen – sich kaum noch für Gratisarbeit im Club gewinnen liessen. Was Romanens zur Erkenntnis führte, das Fri-Son müsse sich neu erfinden.

Diversifiziert oder subventioniert

Einen ganz anderen Weg eingeschlagen hat etwa das Bierhübeli in Bern. Die seit neun Jahren von Dave Naef mitbetriebene Konzert- und Eventlocation hat schon früh bewusst auch auf Firmenevents gesetzt und im vergangenen Jahr eine Booking-Agentur übernommen. Ab Juli 2025 wird zudem die All Blues Konzert AG zur «Bierhübeli-Familie» stossen. «Das macht uns unabhängiger von internationalen Konzertveranstaltern wie Live Nation», freute sich Naef.

Anders als das Bierhübeli, das noch nie Subventionen erhalten hat, hängen sowohl das Kraftfeld als auch das Fri-Son teils von öffentlichen Geldern ab. Und solche lassen sich in Städten wie Winterthur respektive Fribourg, die beide von Defiziten geplagt sind, nicht einfach zusätzlich herbeizaubern. Anders präsentiert sich die Lage im Kanton Basel-Stadt, der insbesondere von seiner florierenden Pharmaindustrie profitiert. Weshalb sich der Stadtkanton mit Sandro Bernasconi sogar einen Beauftragten für Clubkultur und eigens dafür geäufnete Fördergelder leisten kann – dank einer 2024 gewonnenen Volksabstimmung. Die Vertreterin des Fri-Son sah ein, dass sich «ihre» Situation nicht mit derjenigen von Basel vergleichen lässt. «Einen Lösungsansatz habe ich auch nicht. Vielleicht müssten sich alle Clubs des Landes zusammentun und zu einem Streik aufrufen, um auf die gefährdete Existenz von Lokalen wie dem Fri-Son aufmerksam zu machen.»

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