Schweizer Musikpreise 2018

Jedes Jahr honoriert das Bundesamt für Kultur herausragendes und innovatives Schweizer Musikschaffen in allen Sparten. 14 Auserwählte wurden am 13. September im Rahmen des Lausanner Festivals Label Suisse ausgezeichnet, der Grand Prix ging an die Free-Jazz-Pianistin Irène Schweizer.

Der Grand Prix 2018 ging an Irène Schweizer. Foto: Bundesamt für Kultur (BAK), Nicolas Brodard

Der Schweizer Musikpreis ist in verschiedener Hinsicht einzigartig und deshalb mehr als eine Kulturnotiz wert. Dass eine derartige Wertschätzung der künstlerischen Eigenständigkeit und Reife in den verschiedensten Sparten – von Avantgarde bis Volksmusik – einmal auf Bundesebene möglich sein würde, hat vor einigen Jahren wohl noch keiner der Ausgezeichneten gedacht.

Das Bundesamt für Kultur (BAK) setzt mit dieser hochdotierten Ehrung auch ein politisches Zeichen. Bundesrat Ignazio Cassis betonte in seiner sympathischen Ansprache, dass es eine wichtige Aufgabe der Demokratie sei, auch Kritische und Andersdenkende zu integrieren und wertzuschätzen. Für ihn persönlich sei es unmöglich, ohne Musik zu leben, am liebsten wäre er Jazztrompeter geworden.

Für den Schweizer Musikpreis kann man sich nicht bewerben. Das BAK wählt jährlich rund zehn Expertinnen und Experten aus, welche Kandidatinnen und Kandidaten aus allen Regionen und aus sämtlichen Musiksparten vorschlagen. Eine eidgenössische Jury vergibt dann unter dem Vorsitz des Klarinettisten Florian Walser den mit 100 000 Franken dotierten Grand Prix Musik und die 14 Schweizer Musikpreise à 25 000 Franken.

Kunterbunt und gar nicht öde war die Präsentation der Ausgezeichneten. Nichts von nobler Etikette, alle gaben sich einfach und authentisch. Nach einer knappen Vorstellung durch Florian Walser wurde ein kurzes Video zum jeweiligen künstlerischen Schaffen eingespielt, und alle bedankten sich auf ihre Art. Es ist schon speziell, wenn nach dem bekannten Volksmusik-Freigeist Noldi Alder der «bissige» Rapper Baze auf die Bühne kommt oder nach der 37-jährigen Rockmusikerin Kassette der radikale Klang-Experimentator Jacques Demierre mit Jahrgang 1954.

Der Grand Prix Musik geht dieses Jahr an die Jazzpianistin Irène Schweizer für ihr Lebenswerk. Isabelle Chassot, die Direktorin des BAK, hielt die Laudatio für die mittlerweile 77-Jährige und würdigte dabei auch ihr Engagement für die Rechte der Frauen. Die Autodidaktin Schweizer, die im Restaurant ihrer Eltern intuitiv mit dem Klavierspielen begann und die als Au-Pair-Mädchen in London die einschlägigen Clubs besuchte, sie hat den Free Jazz in der Schweiz etabliert und sich auch in einer reinen Männerdomäne durchgesetzt.

Ein Festival-Fest

Dieses Stelldichein origineller Künstlerpersönlichkeiten machte aus dem nachträglichen Apéro riche ein sympathisches Fest in angeregter Atmosphäre. Geschickt kombiniert war die Preisverleihung mit dem Festival Label Suisse, bei dem mehrere der Gekürten auftraten. Das alle zwei Jahre durchgeführte Festival stellt – wie der Schweizer Musikpreis – einzigartige Schweizer Musik aus allen Stilrichtungen in den Mittelpunkt. Es wird hauptsächlich von der Stadt Lausanne und dem Kanton Waadt getragen, alle Konzerte waren gratis und fanden an zehn verschiedenen Orten statt. Radio Télévison Suisse war vor Ort und hat als Hauptpartner viele Konzerte live ausgestrahlt oder aufgezeichnet.

Das von Claire Brawand geleitete Festival bot an drei Abenden ein enorm breites und vielfältiges Angebot. Auf der Place Central traten die Rock- und Popgruppen open air auf, dort gab es bei schönem Wetter ein echtes Volksfest. In den Clubs präsentierten sich die Jazzer, Klassisches war in den Konzertsälen und in der Kirche St. François zu hören. Man konnte kommen und gehen, wie man wollte. Bot das Kammerorchester Basel mit der Knabenkantorei ein schmissiges Orchesterkonzert zum Bernstein-Jubiläum, so spielte das tags zuvor mit dem Musikpreis ausgezeichnete Mondrian Ensemble vor einer kleinen interessierten Zuhörerschaft Zeitgenössisches von Jarrell, Xenakis, Feldman und Dieter Ammann (ebenfalls Preisträger).

Überraschend gut besucht war hingegen das vom jungen welschen Komponisten Kevin Juillerat (*1987) präsentierte Programm in der Kirche St. François, in dem frühbarocke Musik auf seine Neukomposition Earth was in spring für Stimme, historische Instrumente und Elektronik stiess. So konnte man wechseln vom Delikaten zum Rockigen, und man begegnete unweigerlich Musikstilen, die man sonst nie gehört hätte. Schade nur, dass der Festivalführer so klein und fein gedruckt war, dass man ihn kaum lesen konnte. Insgesamt haben rund 90 000 Menschen dieses Label Suisse erlebt. Die Lausanner wissen, wie man stimmungsvoll feiert.

Schweizer Musikpreise 2018

Irène Schweizer, Grand Prix Musik

Noldi Alder
Dieter Ammann
Basil Anliker aka Baze
Pierre Audétat
Laure Betris aka Kassette
Sylvie Courvoisier
Jacques Demierre
Ganesh Geymeier
Marcello Giuliani
Thomas Kessler
Mondrian Ensemble
Luca Pianca
Linéa Racine aka Evelinn Trouble
Willi Valotti

schweizermusikpreis.ch

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