Treffpunkt der klassischen Musikwelt
Mitte Mai öffnete die Fachmesse für den Klassikmarkt in Rotterdam wieder ihre Tore. 330 Aussteller, 24 von einer Jury ausgewählte musikalische Programmpunkte, 14 Werkstattformate und eine dichte Konferenz: Mehr als 1300 Besucher aus 40 Ländern nahmen an der siebten Ausgabe teil.
Der französische Musikmarkt bildete einen Schwerpunkt im Programm; so war das Eröffnungskonzert mit Künstlerinnen und Künstlern wie dem Quatuor Van Kuijk, der Flötistin Juliette Hurel, Alexandre Tharaud und Les Voix Animées besetzt, ein weiterer Konzertabend mit zeitgenössischer Musik unter anderen von Chloe und Vassilena Serafimova oder Accroche Note folgte am Freitag.
Die Austauschmöglichkeiten waren auch in diesem Jahr gut vorbereitet und noch besser besucht. Neben dem zu erwartenden Vermittlergeschäft und der Ausstellung (Verlage, Institutionen, Ensembles, Produzenten und Agenturen) war das Workshop-Programm (in Englisch) abwechslungsreich kuratiert.
Teils ketzerisch und kontrovers
Ein Workshop widmete sich unter dem Titel Biased? der Frage, warum der vielbeschworene kulturelle Wandel in Organisationen und Institutionen so wenig Schwung zeigt – und den Beteiligten so wenig Freude bereitet. Die ketzerische Frage von Stephen Frost (Frost Included, London), ob jeder der Anwesenden Diversität und Inklusion begrüsse, war offensichtlich nur mit Ja zu beantworten. Den Hinweis, wie gefangen jede und jeder durch sozial homogene Gruppenzusammenhänge oftmals ist und welchen Einschränkungen, die Welt zu ordnen, wir alle unterliegen, erweiterte Susanna Eastburn (Sound and Music, London) um die Frage, ob es nicht möglich sei, Teilhabe anders zu denken: von «Mit wem wollen wir arbeiten?» zu «Wer will mit uns arbeiten?».
Wie in den vergangenen Jahren boten Fragen zu Streaming und digitaler Nutzung musikalischer Produkte Anlass zu kontroversen Diskussionen, woraus folgendes Fazit gezogen werden könnte: Wenn sich die jungen «Digitalheinis» mit ihrem Know-how in die Marketingstrategien der Häuser und Ensembles einmischen, weil sie den Fans ihre Musik auf ihren Portalen bereitstellen wollen, dann sind Intendanten alten Schlags gefordert, «ihr» Produkt loszulassen und dem geneigten Publikum, das vielleicht zukünftig das Live-Erlebnis «Konzert» besuchen wird, auf seine Hörwege zu folgen.
Etwas altbacken wirkten Ausführungen zur Musikvermittlung für junges Publikum; hier wären Beiträge aus den Zielgruppen heraus eine erfrischende Abwechslung zu den immer ähnlichen «Konzert für …»-Konzepten.
Der Gemeinschaftsgeist lebt auf
Der viertägige Anlass scheint sich für viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem breiten Spektrum des Musiksektors zu lohnen: Internationale Kontakte, Wissenserweiterung über die eigene Sparte hinaus und ein erneuerter «community spirit», wie Classical:next-Direktorin Jennifer Dautermann betont, machen die jährliche Veranstaltung zunehmend zu einer festen Grösse in den Agenden der Orchesterintendantinnen, Festivalplaner und Agenturen.
Für den Schweizer Musikmarkt war der von der Fondation Suisa betreute Messestand ein guter Standort; für Gespräche, gegenseitiges Kennenlernen (oder das Auffrischen der Bekanntschaften aus den Vorjahren) und Vernetzung auf internationaler Ebene fand sich ein präsentables Dach. Wohl nicht zuletzt durch die Unterstützung der Pro Helvetia hatten sich vermehrt Künstlerinnen und Künstler zur Teilnahme entschlossen, eine Möglichkeit, die sich noch weiter herumsprechen wird.
Die nächste Classical:next findet vom 15. bis 18. Mai 2019 wiederum im Musikzentrum De Doelen in Rotterdam statt.