Entdeckungs- und Expansionslust
Der Auftakt zum diesjährigen Festival fand am 9. Oktober in der Tonhalle Zürich statt. Weitere Konzerte folgen im November.
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Der in Bern lebende Patrizio Mazzola ist einer der wenigen Pianisten in der Schweiz, die sich schon seit vielen Jahren regelmässig für Musik von Komponistinnen einsetzen. Kaum hatte er mit Kaspar Zehnder die Flötensonate von Mel Bonis (Mélanie Bonis) auf CD eingespielt, tauchte diese Komponistin wiederholt in den Programmen seiner Konzerte auf. Ihr hält er auch in der dritten Auflage des 2014 in Bern gegründeten Festivals Femmusicale die Treue. Ihre Sonate für Violoncello und Klavier op. 67 erklingt zusammen mit Werken der deutschen Rheinberger-Schülerin Luise Adolpha Le Beau und Nadia Boulanger in einem Konzert in Bern unter dem etwas schrägen Motto «Ne rien va femme» (18. November, Aula NMS).
Miniaturen im Vorfeld
Im Unterschied zu diesem auf drei herausragende Komponistinnen konzentrierten Programm strebte Mazzola zur Festivaleröffnung mit dem tschechischen Geiger René Kubelík grösstmögliche Vielfalt an. Mit «Liedern ohne Worte» in der abweichenden französischen Formulierung «Poèmes sans paroles» expandierte das Festival Femmusicale erstmals nach Zürich in den Kleinen Saal der Tonhalle. Das Überangebot an ausgesprochenen Miniaturen und sonstigen kleinformatigen Stücken liess die Gefahr einer Zersplitterung erkennen. Mit 17 Stücken von 14 Komponistinnen und Komponisten von der Chopin-Vorläuferin Maria Szymanowska-Wołowska (1789–1831) bis zu Ruth Dürrenmatt (*1951) und Jan Fila (*1982) präsentierten die beiden Musiker eine anthologieartige Werkauswahl, die stark an Mazzolas CD Idyll und Refugium mit kurzen Klavierstücken von 25 Komponisten erinnerte, die alle einen unterschiedlichen Bezug zur Schweiz aufweisen (Gallo 1422).
Die kleinen Kompositionen etwa von Judith Cloud oder Nancy van de Vate waren aber zu kurz, um die Eigenart ihrer Autorinnen verdeutlichen zu können. So abwechslungsreich das gestalterisch auf sehr hohem Niveau bestrittene Konzert mit fünf Uraufführungen auch war, floss letztlich mehr Herzblut in die Interpretationen als Geld in die Abendkasse. Die Schuld an der geringen Besucherzahl trug wohl am ehesten das ohne einen roten Faden auskommende, überladene Konzertprogramm. Der Vermittlung von Angaben zu Personen und Werken stand die Schauspielerin Céline Beran mit einer zu schnellen und oft kaum verständlichen Vortragsart im Wege. In gedruckter Form hätten diese Informationen wohl mehr bewirkt.