Begeistert vom Sing-Virus

Mit rund 40 fulminanten Darbietungen hat das Europäische Jugendchor Festival in der Region Basel gezeigt, dass Jugendliche auch heute mit Begeisterung singen. Ein Erlebnisbericht.

Foto: werner@laschinger.ch

Bereits zum zehnten Mal fand das Europäische Jugendchor Festival (EJCF) in Basel statt, das 1992 aus einem Ideenwettbewerb der Christoph Merian Stiftung hervorgegangen war. Mitbegründer Beat Raaflaub hält Rückschau: «Bei allen Veränderungen seit der ersten Ausgabe ist der Kerngedanke bewahrt worden: das friedliche Miteinander sehr guter Jugendchöre aus Europa und aus Übersee ohne Wettbewerbscharakter. Wir haben das EJCF als ein Festival der Begegnungen konzipiert.» Also kein Elitedenken, sondern ein Erlebnis voller Lebensfreude und Lust am Singen.

Genau dieser Leitidee entsprach die Einstimmung am Eröffnungsnachmittag: Die Chöre der Gymnasien Bäumlihof, Leonhard, Münsterplatz, Liestal, Münchenstein, Muttenz und Oberwil sangen wechselweise an verschiedenen Orten in Basel a cappella oder mit dezenter Instrumentalbegleitung. Erstaunlich, wie die Gymischülerinnen und -schüler sich im Gewusel der Stadt konzentrieren konnten. Den elf Sängerinnen und Sängern des Leonhard-Schulhauses gelangen unter ihrer mitswingenden Leiterin die Lieder formidabel. Die einen summten den Puls, zwei besonders begabte Sängerinnen gaben Soli zum Besten. Das kam an, Kinder sassen vor den Jugendlichen auf dem Boden und hörten gebannt zu, ältere Passanten blieben stehen und wippten versonnen im Rhythmus mit. Auch die gross besetzten Chöre der Gymnasien Liestal und Muttenz wussten zu gefallen. Mit dem unverwüstlichen Zogä am Bogä trafen sie die Herzen des Publikums, Mitsummen war Pflicht.

Eigene und fremde Volkslieder
Von Musikmüdigkeit, von «kein Bock auf Singen» war nichts zu spüren; das Niveau der beteiligten 18 Chöre aus ganz Europa war sehr hoch, wie das Eröffnungskonzert zeigte. Hier begegneten sich die Teilnehmerchöre nach ihrer Vorbereitung in der Heimat auf musikalischer Ebene, wie es dem Anliegen des Festivals entspricht. Jeder Chor hatte am Vormittag von einem Partnerchor ein Volkslied aus dessen Kultur gelernt, zusammen wurden die Lieder am Abend im Casinosaal dem Publikum präsentiert.

Die Darbietungen waren bunt, die Stimmung im vollen Saal fröhlich und aufgeräumt, und es gab so manches zu entdecken. Die Idee der Begegnung der fremden Kultur im Singen trug Früchte und führte zu stetem Schmunzeln. Da war etwa das Programm des phänomenalen Jugendchors Tutarchela aus Georgien. In ihren bunten Trachten sangen sie Volkslieder aus ihrer Heimat, zuerst langsam, polyfon in perfektem Zusammenklingen, dann folgte ein rascher Teil, untermalt mit Tänzen. Der als Partner zugeteilte Männerchor Zero8ʼs Youth Choir aus Schweden, spezialisiert auf Barbershop-Gesang, wurde dann in die georgische Volksmusik eingeführt, wobei zum Gaudium des Publikums einer der jungen Männer mit einem georgischen Mädchen tanzte.

Auch Schweizer Formationen waren dabei, so die zwei Knabenkantoreien Basel und Solothurn. Zu Begeisterungsstürmen hingerissen wurde man durch den Cor Infantil Amics de la Unió aus Spanien: Da wurden in virtuoser Perfektion Gesang, Geräusche und Bewegungen mit Armen und Beinen dargeboten, rhythmisch heikel durch Synkopen und wechselnde Register. Ein begeisternder Abend!

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