Karriereschub für Spitzennachwuchs

Orpheum Soloists on Stage nimmt in der Förderlandschaft eine Sonderstellung ein. In der Tonhalle Zürich fanden zwischen Ende August und Mitte September vier Konzerte mit jungen Solistinnen und Solisten statt, die bereits über eine gewisse Bekanntheit verfügen.

Philippe Jordan, Nikolay Znaider und Kyoungmin Park. Foto: Thomas Entzenroth

 Die Stiftung Orpheum, die im September ihr 25-jähriges Bestehen feiern konnte preist sich als «erfolgreiches Fördermodell» an: «Das bedeutet für junge Musiker nicht nur künstlerische Begegnungen auf höchstem Niveau, sondern oftmals auch einen Karriereschub», heisst es dazu weiter im Geleitwort der Kulturzeitschrift Du, die eine Sondernummer herausgegeben hat. Mit vier grossen Sinfoniekonzerten wurde das Jubiläum in der Tonhalle Zürich auf hohem künstlerischem Niveau begangen, eine ziemlich ungewöhnliche Manifestation von Sponsoring in Millionenhöhe.

Am 21. Februar 1990 wurde in Zürich durch Hans Heinrich Coninx – seines Zeichens viele Jahre lang Verlagspräsident der Tamedia AG – die Orpheum-Stiftung zur Förderung junger Solisten gegründet. Seit geraumer Zeit finden die Orpheum-Musikfesttage alle zwei Jahre statt, insgesamt gab es zwölf Anlässe dieser Art. Für die Aufnahme ins Orpheum-Förderprogramm schlagen die Mitglieder des 17-köpfigen Kuratoriums junge Talente vor, die mit einem renommierten Orchester und Dirigenten in der Tonhalle Zürich auftreten können.

Unbekannte sind daher in den Orpheum-Konzerten keine zu finden. Als Beispiel mag in diesem Jahr der 22-jährige Cellist Kian Soltani dienen, der bereits mit zwölf Jahren von Ivan Monighetti an die Musikakademie Basel aufgenommen wurde und der seither auch bei Sol Gabetta und David Geringas studiert hat. Neben seinem Orpheum-Konzert vom 6. September mit dem Tonhalle-Orchester unter Neville Marriner spielte er an der Schubertiade in Hohenems und beim Kissinger Sommer, trat mit Anne-Sophie Mutters Virtuosi auf oder interpretierte bei Daniel Barenboims West-Eastern-Orchestra das Tripelkonzert von Beethoven. Warum dann auch noch Orpheum, wenn Solisten im Konzertwesen schon derart etabliert sind? Howard Griffiths, seit 15 Jahren Künstlerischer Leiter bei Orpheum Young Soloists on Stage – wie der Anlass heute heisst –, meint zur aktuellen Situation: «Der Wettbewerb ist extrem und nur Künstler mit ganz besonderem Charakter und höchstem instrumentalem Können haben eine dauerhafte Karriere.»

Es geht bei Orpheum also nicht um herkömmliche Talentförderung, sondern um weiterführende Karriereunterstützung. Die Liste der Solistinnen und Solisten der letzten 25 Jahre umfasst denn auch so illustre Namen wie Renaud Capuçon, Alice Sarah Ott, Martin Grubinger oder Baiba Skride. Sie alle traten allerdings nur einmal bei Orpheum auf, was unweigerlich die Frage nach der Nachhaltigkeit provoziert. Dazu Griffiths: «Wir nutzen unser Netzwerk, um die von uns protegierten Musikerinnen und Musiker bei anderen Orchestern und Promotoren unterzubringen, dazu gehören etwa auch weitere Konzerte in Deutschland, Russland, der Schweiz und Österreich. Ich selber lade immer wieder Solisten ein, um beim Brandenburgischen Staatsorchester, wo ich Chefdirigent bin, zu spielen.»

Zum Jubiläum liess man sich etwas Besonderes einfallen und präsentierte etwas übertrieben formuliert «zwei Generationen von Orpheum-Solisten»: Der 40-jährige Geiger Nikolaj Znaider, 1996 bei Orpheum aufgetreten und heute ein arrivierter Musiker, spielte zusammen mit der 25-jährigen Bratschistin Kyoungmin Park die Sinfonia Concertante Es-Dur KV 364 von Mozart. Ein gelungener Auftritt am 4. September in der Tonhalle Zürich, bei dem die souveräne Spielweise des Etablierten mit dem sonoren Klang der Aufstrebenden gut harmonierte. In der Mittellage und bei Lagenwechseln bekundete die Bratschistin noch marginale Mühen, die aber von den klangschön begleitenden Wiener Symphonikern überdeckt wurden. Philippe Jordan stand am Pult und demonstrierte seine Klasse als Chefdirigent der Wiener zum Abschluss mit einer fulminanten Interpretation der 7. Sinfonie von Beethoven. Der Name «Jordan» hat bei Orpheum eine klingende Tradition, war doch Philippes Vater, Armin Jordan, unter den Dirigenten der ersten Stunde.

Seither hat sich im Musikbetrieb vieles verändert, was Howard Griffiths pointiert umschreibt: «Es gibt viel mehr im technischen wie im musikalischen Bereich hoch qualifizierte Musikerinnen und Musiker, insbesondere aus Asien, aber auch aus Russland, Europa und den USA. Die Anzahl Wettbewerbe und Festivals haben sich auch erhöht. Aber gerade junge Solisten sind heute konfrontiert mit gewaltigen Herausforderungen aufgrund der finanziellen Einschränkungen, mit denen viele Orchester und kulturelle Institutionen kämpfen. So besteht die Gefahr, dass viele talentierte Künstler zu wenige Möglichkeiten erhalten, nachhaltig Karriere zu machen.» Orpheum will einen Betrag leisten, wozu neu eine Kooperation mit dem CD-Label Sony gehört, das Einspielungen der Orpheum-Solisten herausgeben wird.

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