Dem Leben zugewandt
Am vergangenen 2. September starb Heinz Marti, langjähriger Zentralpräsident und Ehrenmitglied des Schweizerischen Musikerverbands. Der 1934 geborene Musiker war von grosser Bedeutung für unseren Verband.
«Du hast den SMV entscheidend bewegt und verändert», sagte Hans Martin Ulbrich in seiner Rede anlässlich der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft des SMV an Heinz Marti. Diesem Statement ist unbedingt zuzustimmen, wenn man sich daran erinnert, was Marti alles für den Verband geleistet hat: Nicht nur war er für die Revision der SMV-Statuten verantwortlich, sondern initiierte auch die Gründung der SMV-Stiftung und bereitete den Übertritt des SMV zum Schweizerischen Gewerkschaftsbund vor. Auch die Gestaltung eines neuen Leitbildes und Logos des SMV und die Einführung einer verbandseigenen Homepage gehen auf seine Initiative zurück, ebenso die Etablierung der Mitgliederkonferenz der Freischaffenden und die Einführung der Altersvorsorge für diese Mitgliedergruppe. An der Gründung der Schweizer Musikzeitung, die Sie in den Händen halten, die durch die Fusionierung verschiedener Fachzeitschriften entstanden ist, war Marti ebenfalls beteiligt. Auch die Neugestaltung der Bieler Orchesterkurse und die Mitbegründung und Begleitung der SON-Stiftung fallen in seine Amtszeit als SMV-Zentralpräsident. Den SMV vertrat er auch im Vorstand der FIM, der Internationalen Musikerföderation, und nahm weltweit an Sitzungen und Kongressen teil.
Bratschist, Gewerkschafter und Komponist
Als Bratschist wirkte Heinz Marti zuerst im Zürcher Kammerorchester, danach im damals in Zürich ansässigen Radio-Orchester, ab 1968 schliesslich im Tonhalle- und Theaterorchester, und nach der Trennung der beiden Orchester 1981/82 im Orchester der Oper Zürich bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1996. In der Sektion Zürich des SMV wirkte er als Vorstandsmitglied, später als Präsident, und war Personalvertreter des Orchesters im Tonhallevorstand. Keinesfalls eine Nebenbeschäftigung war für ihn die Arbeit als Komponist: einem Interviewer verriet er sogar, dass er das Komponieren für sich immer als Hauptsache gesehen habe. Nach seiner Ausbildung bei zwei der bedeutendsten Schweizer Komponisten, Sándor Veress und Klaus Huber, schuf Marti ein Oeuvre von um die 80 Werken, von denen einige zahlreiche Aufführungen erlebt haben. Alfred Zimmerlin schildert in seiner Rede zu Martis 80. Geburtstag sein Komponieren wie folgt: «Konsequent ist Heinz Marti seinen Weg gegangen, schon früh, als er noch als Avantgardist galt. Dass er dann fasslicher und verständlicher werden wollte, nimmt man aus der Rückschau gar nicht mehr als den ästhetischen Bruch wahr, als der dies seinerzeit verstanden wurde, sondern als ein folgerichtiges Weiterdenken dessen, was Marti eh schon tat: Komponieren mit einer gewissen Strenge der Konstruktion, Bauen mit einfachen Elementen, fasslich in der Anlage und dennoch im Resultat, in der Summe komplex. Und stets war und ist ihm das Menschliche der Massstab.» In seinen Kompositionen setzte sich Marti auch durchaus mit der ihn umgebenden Welt auseinander. In seinem eigenen Werkkommentar zu dem grossen Orchesterwerk Wachsende Bedrohung (1984/85) schreibt er, dass sein Stück «unter dem beklemmenden Eindruck der unaufhaltsam voranschreitenden Zerstörung der Umwelt durch die moderne Zivilisation» entstanden sei. In seiner Muotathaler Nachtmusik für Schwyzerörgeli und Streichorchester von 1998 führt er auf überzeugende Art Schweizer Volksmusik und Neue Musik zusammen.
Vielseitige Interessen
Seine Weggefährt*innen schildern Marti als einen Mann mit sozialem Verantwortungsbewusstsein und einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, sowohl humorvoll, herzlich als auch kritisch, dem die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Musiker*innen und ihre Altersvorsorge am Herzen lag. Nicht weniger wichtig war ihm aber auch, dass der Musiker*innenberuf vermehrt wahrgenommen, anerkannt und gewürdigt wurde. Marti blieb bei allen seinen vielfältigen Tätigkeiten dem Leben zugewandt, war sehr belesen und schätzte andere Kulturen (und ihre Küche). 1978 kaufte er eine Alp im Tessin, die er jeweils im Sommer bewirtschaftete.
Mit Heinz Marti verliert das Schweizer Musikleben einen herausragenden Instrumentalisten, Komponisten und Streiter für unseren wundervollen Beruf.