Delegiertenversammlung bei Ausflugswetter
Dass die Delegiertenversammlung des SMV nur eine Stunde dauerte, ist kein Zeichen dafür, dass es keine Probleme gibt, sondern dafür, dass die schweizerische Musikergewerkschaft ein gut geführter Verband ist, über dessen Jahresberichte und Budgets nicht diskutiert werden musste.
Bei schönstem Sommerwetter fand die diesjährige Delegiertenversammlung des SMV im altehrwürdigen Hotel «Schweizerhof» in Luzern statt. Die Genfer Co-Präsidentin Muriel Noble begrüsste die Delegierten und einige Gäste. Der Co-Präsident der Luzerner Sektion Iwan Jenny erinnerte kurz an die aussergewöhnliche Geschichte des 1845 eröffneten Hauses, das sich nach wie vor in Luzerner Familienbesitz befindet und in dem viele bedeutende Persönlichkeiten wie Richard Wagner ein- und ausgegangen sind. Ein bedeutendes Ereignis in der Geschichte des Hotels waren die Friedensverhandlungen nach dem Sonderbundskrieg, dem letzten Krieg auf Schweizer Boden. In der Tatsache, dass das Luzerner Hotel alle Krisen gemeistert hat, sieht Jenny ein Sinnbild für eine optimistische Sicht auf die Zukunft. In Luzern ist ja im Moment der künftige, nicht unumstrittene Theaterumbau das dominierende kulturelle Tagesgespräch.
Gabriela Medici, die Zentralsekretärin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, hielt in ihrem Grusswort fest, dass – kurz nach dem feministischen Streik noch sehr aktuell – für Frauen eine gute Ausbildung nicht unbedingt zu einem guten Lohn führen muss. Sie meinte aber, dass bürgerliche Politikerinnen bei gewissen Themen wie dem Mutterschutz mitarbeiten werden, obwohl sie sich vom feministischen Streik distanziert haben. Medici rief in Erinnerung, dass «Mehr arbeiten für weniger Geld» im Parlament bedauerlicherweise favorisiert wird, obwohl drei Jahre hintereinander die Reallöhne gesunken sind. Rentner*innen seien besonders bedroht, da die 2. Säule die Teuerung nicht abdecke und dadurch viel Kaufkraft verloren gehe. Sie stellte fest, dass es den Pensionskassen gut geht, nicht aber den Pensionierten. Grosse Hoffnungen setzt sie in die kommenden drei Volksabstimmungen über Rentenfragen, z. B. über eine 13. AHV-Monatsrente. Auch der feministische Streik vom 14. Juni war für Medici ein Lichtblick.
Nach einer Schweigeminute für die verstorbenen Mitglieder wurden das Protokoll der DV 2022, die Tätigkeitsberichte der Sektionen, der FIM und die Rechnungsablage des SMV angenommen. Die Geschäftsprüfungskommission stellte der Verwaltung des SMV ein ausgezeichnetes Zeugnis aus, dem Zentralvorstand und dem Zentralsekretär wurde die Décharge erteilt. Auch das Budget 2023 wurde einstimmig angenommen. Ebenfalls akzeptiert wurden die Überführung der Sterbekasse in die SMV-Stiftung sowie die Revision des Spesenreglements.
Der Co-Präsident Davide Jäger berichtete über die Präsidentenkonferenz, die unter anderem eine Revision der Tarifordnung guthiess, die die Vergütung von Kurzeinsätzen wie Gottesdiensten oder Beerdigungen festlegt, die bisher nicht erfasst wurden. Die Sektionsbeiträge für Freischaffende wurden harmonisiert, was bisher die Anmeldung für SMV-Neumitglieder komplizierte. Eine mögliche Fusion mit Sonart konnte noch nicht abschliessend diskutiert werden. Eine ausserordentliche Konferenz zu diesem Thema ist geplant.
Die Delegierten konnten das frühe Ende der Versammlung für weitere willkommene informelle Diskussionen unter den Mitgliedern der verschiedenen Sektionen nutzen.
Das Protokoll dieser DV wird auf der Website des SMV veröffentlicht und kann auch im Zentralsekretariat eingesehen werden.