Zum Gedenken an Franz Martin Küng (1948 – 2023)

Unser überaus geschätzter Kollege, Franz Martin Küng, ist am 26. November 2023 nach schwerer Krankheit gestorben. Er war Präsident der Sektion Aargau, und er organisierte unzählige Konzerte für talentierte Nachwuchskünstler*innen.

Im Hause Küng war Kultur und besonders Musik sehr wichtig. Franz Martins Mutter war Klavierlehrerin und sein Vater ein gefragter Coiffeur in Baden und ein Perückenmacher für die Stummfilmindustrie. Der kleine Franz begleitete seinen musikbegeisterten Vater schon früh in die Oper, und bei seiner stetig wachsenden Sammlung von Schellackplatten erkannte er als kleiner Knirps an den Rillen, um welche Stücke es sich handelte, bevor er die Aufschriften auf den Hüllen lesen konnte.

Als Unterstufenschüler erhielt er Ballettunterricht, wurde als Talent entdeckt und durfte bei Aufführungen am Opernhaus Zürich mittanzen. Dass Pianist und nicht Tänzer zu werden seine Berufung war, erkannte Franz erst in seiner Internatszeit in Zug, wo er sich zum Primarlehrer ausbilden liess. Er übte täglich viele Stunden auf dem Instrument und studierte schliesslich privat Klavier bei Irma Schaichet beim SMPV. Wichtige Impulse erhielt er auch von Magda Tagliaferro in Paris.

Offenbar spielte er Beethovens 1. Klavierkonzert in einer Klavierstunde bei Frau Schaichet, als Géza Anda bei ihr klingelte und sie sprechen wollte. Sie bat ihn, im Garten zu warten, bis die Klavierstunde zu Ende sei, und dort hörte Géza Anda durchs offene Fenster Franz Martins Klavierspiel. Dass er eine Vertretung für sich für das 1. Beethoven in Kroatien suchte, war ein glücklicher Zufall für den jungen Pianisten, der diesen Auftrag natürlich gerne übernahm. Seine weitere internationale Karriere führte ihn von London, nach Athen, nach Stockholm oder auch nach Rom. Vom dortigen Konzert mit Beethovens 3. Klavierkonzert unter Ricardo Muti erzählte er besonders gerne. Aber so sehr er das Klavier und die Auftritte liebte, so lernte er auch die Schattenseiten einer solchen Karriere kennen: das ständige Herumreisen, die damit verbundene Einsamkeit und die grosse körperliche Belastung machten ihm zusehends zu schaffen. Als er für einen Plattenvertrag mit ein und demselben Programm unzählige Konzerte hätte geben müssen „wie ein Fliessbandarbeiter“, realisierte er, dass er dafür nicht geschaffen war.

So nahm er die Stelle als Klavierlehrer an der Kanti Baden an und fand dort als begeisteter und begeisternder Klavierpädagoge seine wahre Berufung. Wenn jemand aus seiner Schülerschar ihm als „Urtalent“ auffiel, war er besonders streng. Er wusste ja, dass man für diesen Beruf neben Begabung und Fleiss auch unbedingt einen eisernen Durchhaltewillen  mitbringen muss. Er forderte viel von ihnen, aber er unterstützte sie auch, indem er ihnen gleichzeitig vermittelte, dass er an sie glaubte und dass sie bei entsprechendem Einsatz alles schaffen können. Und weil er wusste, wie wichtig Auftrittserfahrung für junge Künstler*innen ist, organisierte er jährlich mehrere Konzerte für die jungen Talente. Nach seiner Pensionierung nach 31-jähriger Tätigkeit an der Kanti Baden unterrichtete er weiter in seinem Elternhaus in Baden – oft bei geöffnetem Fenster, wie man sich erzählt. Ob er wohl gehofft hat, dass seine Studierenden so entdeckt werden wie er damals?

Dem SMPV fühlte er sich seit seinem Studium sehr verbunden. Und so liess er sich in den Vorstand der Sektion Aargau wählen und übernahm schliesslich deren Präsidium. Er amtete auch oft als Experte bei Diplomprüfungen, bei denen er kompetent, streng und doch wohlwollend beurteilte. Der „alte“ SMPV mit der Berufsausbildung war „sein“ SMPV. Nachdem diese ganz der Kalaidos Musikhochschule übergeben war, hielt er dem SMPV die Treue, sagte mir aber am Rande einer Präsidialkonferenz: „Ach weisst Du, ich bin wohl etwas aus der Zeit gefallen; es ist gut, dass ihr das jetzt macht.“. Am 24. November – von seiner Krankheit schwer gezeichnet – übergab er seiner Nachfolge die Unterlagen der Sektion Aargau – nur zwei Tage bevor ihn seine Kräfte verliessen.

 

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