Gewerkschaftliche Arbeit im SMPV
Musiklehrpersonen sind häufig weder in einer Gewerkschaft noch in einem Berufsverband organisiert, obwohl die Branche viele „Baustellen“ hat, die nur gewerkschaftlich angegangen werden können.
Musiklehrpersonen sind häufig weder in einer Gewerkschaft noch in einem Berufsverband organisiert, obwohl die Branche viele „Baustellen“ hat, die nur gewerkschaftlich angegangen werden können.
„Ich wusste gar nicht, dass der SMPV auch ein Verband für angestellte Musiklehrpersonen ist“, sagte mein Gesprächspartner letzte Woche am Telefon. Er hatte mich kontaktiert, weil er Probleme mit Kettenarbeitsverträgen und mangelnder Pensionskassenversicherung hat. Zwei Tage später sagt Karen Krüttli, Co-Präsidentin der Sektion Zürich: „Weisst du, das Hauptproblem in der gewerkschaftlichen Arbeit für Musiklehrpersonen ist, dass sich die Kolleg*innen so sehr daran gewöhnt haben, einfach die Faust im Sack zu machen und ungünstige Arbeitsbedingungen hinzunehmen, und dass sie uns oft nicht oder zu spät sagen, wo der Schuh drückt. Es ist z.B. schwierig etwas gegen das Konkurrenzverbot im Reglement einer bestimmten Musikschule zu unternehmen, wenn wir davon erfahren, nachdem gut drei Viertel der betroffenen Lehrpersonen den erneuerten Vertrag bereits unterschrieben haben, weil sie Angst haben, sonst den Job zu verlieren oder einfach, weil sie sich des Problems nicht bewusst sind.“
Der SMPV ist ein Berufsverband und keine reine Gewerkschaft. Aus seinen vielen Jahren als Anbieter der privaten musikalischen Berufsausbildung hat er sich wertvolle Dienstleistungsangebote wie die Organisation von Musizierstunden, Stufenprüfungen, Talentwettbewerben und einem reichhaltigen Weiterbildungsangebot bewahrt, und die Plattformen www.mein-musikunterricht.ch und auch teilweise www.rent-a-musician.ch dienen Selbständigerwerbenden mehr als Angestellten, aber in der gewerkschaftlichen Arbeit ist es für den SMPV sehr viel einfacher, etwas für die angestellten Musiklehrkräfte zu tun als für die selbständigen. Dazu zwei Beispiele von gewerkschaftlichen Themen, mit denen sich der SMPV im Moment befasst: Lösbar scheint uns das Problem „schleichender Pensenabbau an Musikschulen“: Wer teilweise arbeitslos wird, dessen Pensum muss sich um einen vollen Tag reduzieren – bei einer Vollzeitstelle also um 20%, damit er oder sie berechtigt ist, eine Arbeitslosenentschädigung zu beziehen. Wenn eine Musiklehrperson in jedem Semester 2-3 Lektionen verliert, erreicht er oder sie diese 20%-Einbusse nicht auf einen Schlag, sondern in einem Zeitraum von vielleicht drei Jahren. Wir sind dabei, verschiedene Vorschläge auszuarbeiten z.B, dass auch der Mittelwert des Pensenverlusts in einer bestimmten Zeit von z.B. drei Jahren ausschlaggebend wäre für das Erreichen dieser Schwelle. Keine wirklich gute Lösung hingegen sehen wir für das Problem der fehlende Arbeitslosenversicherung für Selbständigerwerbende. Wie kann man z.B. beweisen, dass man keine Aufträge erhalten hat und nicht nur einfach alle abgelehnt hat. Wir beobachten zwar die Anstrengungen der Syndicom zum Modell Auftragslosenversicherung, sehen aber bei dessen Umsetzung für selbständigerwerbende Musikpädagog*innen noch grössere Schwierigkeiten.
Gewerkschaftliche Arbeit ist langsame Arbeit: man muss ein Problem analysieren, einen oder mehrere Lösungsvorschläge ausarbeiten, die auch eine Chance haben durchgesetzt werden zu können, und dann braucht man Partner, die einem helfen, die Vorschläge an den richtigen politischen Stellen einzureichen und die dafür sorgen, dass wir auch gehört werden. Für den SMPV ist das in erster Linie der SGB und seine kantonalen Bünde. Dazu kommen persönliche politische Kontakte unserer Mitglieder. Je mehr wir uns engagieren, wie es z.B. die Sektionen Zürich und OstSüdostschweiz bei der Ausarbeitung der jeweiligen kantonalen Musikschulgesetze getan haben, desto mehr wird der SMPV als Interessensvertretung der Musiklehrpersonen in der Schweiz wahrgenommen. Letzteres zahlte sich z.B. jetzt in der Stadt Chur aus, als es um grosse Unsicherheiten bezüglich des Fortbestands der musikalischen Grundausbildung und den damit verbundenen Leistungsverträgen ging. Da wurde die OSO-Präsidentin, Annette Dannecker, mit zum „runden Tisch“ Musikerziehung eingeladen.
Die kantonalen, regionalen und das nationale Netzwerk werden uns auch in Zukunft bei der gewerkschaftlichen Arbeit helfen, wenn wir Lösungen für regionale arbeitsrechtliche Probleme unserer Mitglieder suchen, wenn wir uns ernsthaft dem grossen Thema GAV widmen, oder wenn wir darum kämpfen, dass Musikpädagogik politisch nicht manchmal mit der Etikette „Bildung“ und manchmal mit der Etikette „Kultur“ versehen wird, je nachdem mit welcher Etikette es weniger kostet, sondern dass Musikpädagogik und Kunstunterricht überhaupt als das wesentliche Bindeglied zwischen Erziehung und Kultur wahrgenommen wird und sie auch entsprechend subventioniert wird.
Gewerkschaftliche und politische Baustellen gibt es in unserer Branche also viele. Deshalb ist es unglaublich wichtig, dass sich mehr Musikpädagog*innen in einer Gewerkschaft oder einem Berufverband organisieren, damit die Verbände, die sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Bereich Musikpädagogik einsetzen, ihren Vorstössen auch mehr Gewicht verleihen können. Dabei muss jede Musiklehrperson für sich abwägen, welcher Verband für sie oder ihn die meisten Vorteile bringt. Unterrichtet jemand z.B. in Teilzeit an einer Musikschule und arbeitet daneben an einer Volksschule, bietet sich wohl die Mitgliedschaft bei einem Lehrerverband am ehsten an. Arbeitet jemand hingegen an einer Musikschule und unterrichtet daneben noch einige Privatschüler*innen, ist er oder sie beim SMPV ziemlich sicher am besten aufgehoben. Musiker*innen, die primär konzertieren und daneben Musik unterrichten, müssen prüfen, welcher Verband ihre Interessen am besten vertritt und welches Dienstleistungsangebot ihnen am meisten nützt.
Wenn sich die Musiklehrpersonen einem Verband angeschlossen haben, sollen sie die Verbandsspitzen rechtzeitig auf arbeitsrechtliche Probleme aufmerksam machen und ihnen Ideen oder schon teilweise ausgearbeitete Vorschläge zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen präsentieren.
Und dann ist es wesentlich, dass sich die betreffenden Verbände regelmässig über den Stand ihrer Arbeit austauschen und sich gemeinsam für Verbesserungen einsetzen. Der SMPV bietet auf jeden Fall Hand dazu!