Kraftquelle Musik

Wie verhindern wir, dass unser inneres Feuer beim Musizieren erlischt? Antworten gibt es am 11. November in Fribourg an einem Tag des gesunden Musizierens.

Die SMM macht ihr 19. Symposium zu einem «Gesundheitstag Musik» und ermöglicht einen einmaligen, breiten Überblick über zukunftsweisende Konzepte und die vielfältige Praxis der Gesundheitsvorsorge beim Musizieren. Eingeleitet wird der Tag von der Kinder- und  Jugendpsychiaterin ­Anke Grell, die am Zürcher Zentrum für Angst- und Depressionsbehandlung auch die Musikermedizin vertritt.  

Laut Anke Grell hat sich die psychische Belastung für Berufsmusikerinnen und Berufsmusiker durch die Pandemie vielfältig verändert. Abhängig von der ganz persönlichen Situation litten und leiden viele unter ganz konkreten existenziellen Ängsten in der nahen und fernen Zukunft. In Umfragen wurde eine Zunahme von Angst- und Depressionssymptomen festgestellt. Die berufliche Identität wurde auf einmal politisch und gesellschaftlich anders wahrgenommen. Viele haben sich die Sinnfrage gestellt und zum Teil andere Tätigkeitsfelder für sich entdeckt, die sie auch aus unterschiedlichen Gründen nach der Pandemie beibehalten haben.

Andauernde Überforderungssituationen ­können bei sonst alltäglichen und angenehmen Tätigkeiten zu Erschöpfung und Interessensverlust führen, so auch beim professionellen Musizieren. Die Fähigkeit, emotional auf Ereignisse zu reagieren nimmt ab, es können Schlafstörungen und Appetitverlust hinzukommen. Auch Ängste und Befürchtungen treten vermehrt auf, im musikalischen Kontext besonders Auftritts- und Versagensängste. 

Aufklärung und Enttabuisierung

Orchester, Musikhochschulen und Musikschulen können mit Prävention durch Information, Aufklärung und Enttabuisierung Burn-outs ihrer Mitarbeiter vorbeugen, erklärt die Psychiaterin weiter. Sie können ein Lern- und Arbeitsklima schaffen, in dem es möglich ist, Schwierigkeiten selbstverständlich anzusprechen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Sie können Wissen vermitteln, wie ein gesunder Körper und eine gesunde Psyche beim Musizieren und Lernen funktionieren und was Warnzeichen für körperliche und psychische Überlastungen und Krankheiten sind. All dies könne  zum Beispiel in Vorlesungen, Workshops, Diskussionsrunden, Supervisionen und Einzelberatungen geschehen.

Auch Anlaufstellen für Personen mit bereits bestehenden Beschwerden seien wichtig. Hier habe sich ein vielfältiges Netzwerk von Fachpersonen etabliert, das in den entsprechenden Fachgesellschaften in der Schweiz (Swissmedmusica), in Deutschland (Deutsche Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin) und in Österreich (Österreichische Gesellschaft für Musik und Medizin) organisiert ist. Ein positives Beispiel sei die Kooperation der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) mit dem Zentrum für Angst- und Depressionsbehandlung Zürich (ZADZ) zu nennen, an dem sie tätig ist. Es ermögliche Studierenden und Mitarbeitenden der ZHdK psychosoziale Beratung und Behandlung.

Wohlwollend mit sich selbst

Ein Patentrezept, um die Freude und den inneren Antrieb des Musizierens wachzuhalten, gibt es laut Grell leider nicht. Am wichtigsten ist es, erklärt die Psychiaterin, den Fokus darauf zu richten, worum es eigentlich geht: die Musik und die Freude am Musizieren. Das ist eingestandenermassen leichter gesagt als unter bestimmten äusseren und inneren Umständen getan. Wohlwollend mit sich selbst, den eigenen Fähigkeiten und der aktuellen Tagesform umzugehen, sich vom Perfektionismus ein Stück weit zu befreien und den Erwartungen von aussen mit einer gesunden Distanz zu begegnen, kann hier sehr hilfreich sein. Wenn sich Erschöpfungszeichen bemerkbar machen: Nicht zögern, Unterstützung zu holen! Die eigenen Grenzen wahrzunehmen und danach zu handeln, ist eine Stärke!

Der Gesundheitstag Musik steht als Infoplattform und Vernetzungsanlass allen offen.

Mehr Infos und Anmeldung: 

swissmedmusica.ch/aktuelles-symposium

Zentrum für Angst- und Depressionsbehandlung Zürich: 

www.zadz.ch

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