Wie weiter, wenn Körper und Psyche streiken
In der Sendung «Reporter» vom 29. Mai 2024 berichtet die Schweizer Violinistin Anaïs Chen darüber, wie der immense Leistungsdruck als international tätige Musikerin bei ihr eine fokale Dystonie (den sog. Musikerkrampf) ausgelöst hat und sie heute ihren Beruf kaum noch ausüben kann. Sicher kein Einzelfall. Und jetzt?
Wie können Musiker:innen wie Anaïs in Zukunft ihr berufliches Leben gestalten?
Auch wenn Versagens- und Existenzängste in solchen Situationen lähmend sein können, es ist nicht aussichtslos, auch in fortgeschrittenem Alter beruflich wieder neu Fuss zu fassen.
Neben der weit verbreiteten fokalen Dystonie scheinen Berufs-Musiker:innen überdurchschnittlich häufig von Erkrankungen betroffen zu sein. Dazu zählen psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen, durch stark repetitive und asymmetrische Bewegungen verursachte orthopädische Beschwerden und natürlich nicht zu vergessen unterschiedliche Formen von Hörschäden, wie Gehörsturz oder Tinnitus.
Auch wenn die Ursachen solcher Erkrankungen bis heute nicht abschliessend erforscht werden konnten, eines haben sie gemein: psychischer Stress wirkt sich sicherlich nicht positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus.
Der SRF-Bericht lässt eine zentrale Frage offen: welche beruflichen Möglichkeiten haben betroffene Musiker:innen, wenn sie ihr Instrument und damit ihre hochspezialisierte Tätigkeit nicht mehr beruflich ausüben können?
Welche Qualifikationen, Skills, Know-How oder Persönlichkeitsstruktur können sie anderweitig in die Volkswirtschaft einbringen, damit sie sich und ihre Familie damit ernähren können?
Die naheliegendste Antwort, die sich auch in anderen Berufsgruppen mit vergleichbarer Problematik, wie z.B. im Hochleistungs-Sport, aufdrängt: sie geben mit Coachings und Unterricht weiter, was sie gelernt haben.
Zweifelsfrei kann der Musikunterricht durch einen reichhaltig gepackten Rucksack an jahrelanger Berufserfahrung, gereifter Welt- und Lebensanschauung und jeder Menge Tipps und Tricks wertvoll gestaltet und bereichert werden – nicht zuletzt durch praxiserfahrene Gesundheits-Prävention oder Stressbewältigung.
Nur: Wie realistisch sind die Chancen, in fortgeschrittenem Alter z.B. noch eine Anstellung bei einer Musikschule zu erhalten? Zugegeben, die Konkurrenz schläft nicht und die meisten Musikschulen kämpfen nicht hängeringend um ihr Kollegium.
Aber gemäss einer aktuellen Studie des Verbandes Musikschulen Schweiz (VMS) vom November 2023 ist – je nach Instrument oder Unterrichtsfach – ein gewisses Potenzial auszumachen. Denn die Studie kommt zum Schluss, dass ein beachtlicher Teil der ausgeschriebene Musikschul-Stellen in Bereichen wie u.a. Panflöte, Solfège, Jazz-Violine, Music Production, Jodeln, Musik und Bewegung, aber auch in traditionellen Unterrichtsfächern wie Gitarre, Blockflöte, Oboe, Fagott, Akkordeon, Cello, Kontrabass, Trompete oder Chorleitung nur schwer neu besetzt werden konnten. Bei ländlich gelegenen Musikschulen zeigte sich dies am deutlichsten.
Abgesehen von der fachlichen Kompetenz und pädagogischem Geschick wünschen sich Musikschulen auch Sprachgewandtheit, Teamfähigkeit, administratives Know-How oder Kommunikations- sowie Sozialkompetenz.
Also: Die Welt dreht sich rasch weiter aber mit eben solchen Kompetenzen kann man seine Arbeitsmarkt-Chancen deutlich verbessern – Kompetenzen, die man sich mit Aus- und Weiterbildungen aneignen kann.
Damit diese in Fällen wie dem eingangs erwähnten finanziell tragbar sind, haben wir entschieden, die Anforderungen für finanzielle Unterstützungsbeiträge zu erweitern. Neben überragenden instrumentalen oder gesanglichen Fähigkeiten, die in einem (ggf. psychisch belastenden) Stipendien-Wettbewerb bewertet werden, berechtigen nun auch herausragende fachdidaktische und pädagogische Fähigkeiten oder Konzepte zur Vergabe von Stipendien.
Also: Es ist niemals zu spät, das Richtige zu tun. Melden Sie sich doch bei uns, wir beraten Sie gerne in Aus- und Weiterbildungsfragen.