Christian Ledermann, neues Mitglied des Fachhochschulrats der Kalaidos Musikhochschule
Christian Ledermann, Leiter des Konservatoriums Winterthur, ist neues Mitglied des Fachhochschulrates der Kalaidos Fachhochschule und vertritt dort die Interessen des Departements Musik.
Er bringt als ausgebildeter Musiker und langjähriger Musikschulleiter wertvolle Erfahrungen in künstlerischen, pädagogischen sowie strategisch-organisatorischen Bereichen.
Lieber Christian, wir gratulieren dir ganz herzlich zu dieser Wahl! Könntest du unseren Leser:innen in kurzen Worten erläutern, was die Aufgaben des Fachhochschulrates sind?
Vielen Dank, ich freue mich auf dieses abwechslungsreiche Amt. Der Fachhochschulrat hat die Aufgabe, die staatlich akkreditierte Fachhochschule in hochschulrechtlichen Fragen zu beaufsichtigen und auch strategisch zu leiten. Er ist das oberste interne Gremium innerhalb unserer Fachhochschule und steht unter anderem in der Verantwortung, die institutionalisierte Akkreditierung sicherzustellen.
In unserem Arbeitsalltag an der Kalaidos Musikhochschule fällt der Name des Fachhochschulrates meist bei Reglementsanpassungen oder bei der Lancierung neuer Studiengänge.
Genau. Eine der häufigsten Aufgaben des Fachhochschulrates ist es, Anpassungen in Curricula, zum Beispiel in Bezug auf die institutionalisierte Akkreditierung, zu überprüfen. Ebenso werden von den Departementen neu eingereichte Studienangebote diskutiert und auf Parameter wie Strategie, Durchführbarkeit, Marktumfeld oder Berufsfeld abgeklärt.
So auch das Departement Musik, welches Bachelor- und Masterstudiengänge mit Modulen wie zum Beispiel Selbstmarketing, Fundraising, Argumentieren/Verhandeln erweitert hat. Dein und auch mein absolviertes Musikstudium kannten solche Fächer nicht. Trotzdem kommen wir heute über die Runden. Wie stehst du zu diesen Anpassungen?
Wie alle Berufe ist auch derjenige der/des Musikers:in heute nicht mehr derselbe wie vor 20 Jahren. Das Argument «früher gings auch ohne» ist wenig stichhaltig. Wir müssen den Anspruch haben, die angehenden Musiker:innen nicht nur auf ihrem Instrument zu Profis auszubilden, sondern sie profund auf ein Leben als Musiker:innen vorzubereiten. Der Arbeitsalltag besteht in den meisten Fällen nicht aus Vollzeitjobs. Sie sind eigentlich Unternehmer:innen mit vielfältigem Angebot. Sie müssen der Gesellschaft stets wieder sagen, weshalb es sie und ihre Tätigkeit braucht. Sie können nicht darauf warten, dass die Arbeit einfach zu ihnen kommt.
Diese Realität über den Arbeitsalltag zeigst du unseren Bachelorstudierenden im Modul «Berufsfeldkunde» und besprichst sie mit ihnen. Nachdem du dieses Modul als Dozent übernommen hast, wurde es von dir inhaltlich neu aufgestellt. Was war deine Motivation hinter den Anpassungen?
Es fehlte mir an Glaubwürdigkeit, da der Dozent bisher nur über Musikschul- und Orchesteranstellungen referierte. Unser Anspruch war es, den Studierenden einen möglichst realen Einblick in die Breite der Berufsfelder zu geben. Das neue Modell ermöglicht dies: Wir treffen Musiker:innen an ihrem Arbeitsplatz, führen mit ihnen und den Studierenden Diskussionen über Alltag, Motivation, «Angebotsempfänger:innen», Faszination und ihre Zukunft.
Häufig kam in diesen Diskussionen das Thema Digitalisierung zur Sprache. Gerade in der klassischen Musik erlebe ich diesem Thema gegenüber häufig Abneigung. Die Kalaidos Musikhochschule ist dezentral
organisiert und baut somit teilweise auf digitaler Vermittlung auf. Wie erlebst du dieses Thema?
Gerade im Modul Berufsfeldkunde zeigt sich, wie Remote und vor Ort sinnvoll verbunden werden können: Was im Unterrichtszimmer mit Referat, Diskussion und Beamer präsentiert wird, kann gerade so gut online stattfinden. Unsere Studierenden müssen dafür nicht für eine Vorlesung aus ganz Europa nach Zürich reisen. Wenn wir den Orchestermusiker im Einspielzimmer oder die freischaffende Musikerin bei der Bandprobe besuchen, machen wir das vor Ort.
Diese Haltung wird auch in den restlichen Modulen bzw. in all unseren Studiengängen von uns angewendet. Hauptfach-, Fachdidaktik- und Nebenfachunterricht finden vor Ort statt. So auch einige Module, bei welchen eine physische Präsenz sinnvoll ist. Der Theorieunterricht findet hingegen vollumfänglich remote statt. Trotzdem flammt schnell die Kritik auf «Remote kann den Modulunterricht vor Ort nicht ersetzen». Wo ist die Grenze von Remote und vor Ort?
Man muss sich bewusst sein, dass Remote-Unterricht kein Vor-Ort-Unterricht auf dem Bildschirm ist. Unsere Dozierenden haben die anspruchsvolle Aufgabe, ihren Remote-Unterricht von Grund auf auf die digitale Struktur aufzubauen und mit den dafür vorgesehenen Vermittlungsmöglichkeiten (welche täglich vielfältiger werden) zu versehen. Meines Erachtens ist es nicht zielführend, die beiden Unterrichtsarten gegeneinander auszuspielen. Vielmehr gilt es im Gespräch mit allen Beteiligten, Möglichkeiten sowie Grenzen auszuloten und mit den Erfahrungen eine vorläufige Anwendung festzulegen. Das (Arbeits-)Leben spielt sich heute fast überall in einer Mischung aus Remote und vor Ort ab, wobei die Grenzen nach Bedarf immer wieder diskutiert und angepasst werden. Warum sollte es in der Musik anders sein?