Blasmusik ist weniger ansteckend als Chorgesang
In der Weihnachtszeit wird überall wieder gesungen und geblasen. Wie steht es um das Ansteckungsrisiko?
SMM — Ein Team des Göttinger Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation (MPI-DS) und der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) ist dem Partikelausstoss und dem damit verbundenen maximalen Übertragungsrisiko beim Spielen von vielen verschiedenen Blasinstrumenten nachgegangen.
Die Forschenden haben den Partikelausstoss und das damit verbundene maximale Übertragungsrisiko beim Spielen von vielen verschiedenen Blasinstrumenten bestimmt. Die Ergebnisse geben Anhaltspunkte, wie kulturelle Veranstaltungen auch während der Pandemie mit möglichst geringem Ansteckungsrisiko organisiert werden können.
Dass Blasmusik aus Sicht des Infektionsschutzes für die Musizierenden und das Publikum nicht ungefährlich ist, liegt daran, dass Partikel mit einer Grösse von weniger als fünf Mikrometer weitestgehend aus dem Instrument nach aussen dringen. Sie bleiben länger in der Luft und breiten sich weiter aus, sodass sie vor allem in ungelüfteten Räumen hohe Konzentrationen erreichen können. Wie viele solche kleinen Partikel die Blasmusik freisetzt, hängt dabei auch vom Instrument ab.
Relativ viele Viren können aus der Klarinette kommen. Sie setzt deutlich mehr Aerosol frei, das Krankheitserreger wie Sars-CoV-2 enthalten kann, als etwa die Flöte. Das Ansteckungsrisiko etwa bei der Klarinette und der Posaune in einem Abstand von anderthalb Metern beläuft sich nach vier Minuten bereits auf 50 Prozent. Im selben Abstand zu einer Flöte wird dieses Infektionsrisiko erst nach drei Stunden erreicht. Alle anderen gemessenen Instrumente lagen dazwischen. Generell ist das Übertragungsrisiko, das von einer infizierten Person an einem Blasinstrument ausgeht, jedoch deutlich geringer als bei singenden oder sprechenden Menschen, wenn man sich jeweils gleich lange in ihrer Nähe aufhält.
In der Studie untersuchte das Team auch, wie gut sich die Ansteckungsgefahr durch eigens angefertigte Partikelfilter, ähnlich dem Vlies von FFP2-Masken, reduzieren lässt. Die Prototypen der Masken setzten sie dabei auf die Enden der Blechblasinstrumente; Holzblasinstrumente umhüllten sie fast vollständig mit dem Filtermaterial. Laut Oliver Schlenczek, Erstautor der Studie, funktionieren Masken bei Blechblasinstrumenten auf dem Schallstück zuverlässig, um den Ausstoss infektiöser Partikel zu reduzieren. Tragen darüber hinaus auch die Zuhörenden eine FFP2-Maske liegt die Ansteckungsgefahr selbst nach einer Stunde bei maximal 0,2 Prozent.
Simone Scheithauer, Direktorin des Instituts für Krankenhaushygiene und Infektiologie der Universitätsmedizin Göttingen, bewertet diese Ergebnisse sehr positiv. Auf dieser Grundlage könnten zukünftig viel gezielter Schutzmassnahmen empfohlen und der musikalische Kulturbetrieb auch in kritischen Situationen mit nur geringen Einschränkungen aufrechterhalten werden. Bei ausreichender Belüftung und dem Tragen von FFP2-Masken können Unterricht, Proben und Konzerte mit Blasinstrumenten sicher durchgeführt werden, schliesst auch Aerosolforscher Eberhard Bodenschatz vom MPI-DS.
www.ds.mpg.de/3959178/220922_aerosols_instruments