Haben Sie Jazz gesagt?

Was verstehen die Schweizer Musikhochschulen von Jazz? Dies ist die grundlegende Frage, die sich das System der höheren Musikausbildung in der Schweiz in diesem Artikel stellt.

Antoine Gilliéron — Über den Stellenwert des Jazz an den Schweizer Musikhochschulen hinaus. Ein Gespräch mit Gregor Hilbe, 2016 – 2022 Leiter des Profils Jazz / Pop an der ZHdK.

Gregor Hilbe, au niveau de l’enseignement musical tertiaire en Suisse, pouvez-vous décrire ce qu’offrent les Hautes Écoles de Musique et/ou à Zurich quant aux possibilités de se former en jazz (BA/MA ainsi que modules d’ouverture dans les cursus principaux ou double-curriculums comme classique et jazz) ?

In Zürich bieten wir im ersten Zyklus im Bereich Jazz ein generalistisches BA Studium an, welches in den Bereichen Improvisation, Hör-Fähigkeiten, Rhythm Cultures, Producing, Theorie, Solo- und Ensemble-Skills alle wichtigen Bereiche anbieten, die später für eine Laufbahn in den vielfältigsten musischen Bereichen die Grundlage bieten. Das darauf aufbauende Master Studium gliedert sich in die Bereiche Performance, Pädagogik und Producing, in dessen Rahmen die Studierenden bereits individualisiert an ihren Eigenkreationen und diversen Projekten arbeiten können. Im Master-Studium übernehmen die Studierenden den Grossteil der Gestaltung ihres Curriculums selbst, um beim Abschluss mit marktfähigen Projekten in unterschiedlichsten freischaffenden oder institutionellen Bereichen arbeiten zu können. In Partnerschaft mit meiner Alma Mater, der Kunstuniversität Graz, gibt es auch einen Jazz-spezifischen dritten Zyklus für PhD-Kandidat:innen, die eine betont künstlerische Forschungsrichtung anstreben.

Quel regard portez-vous sur le terme « jazz » utilisé dans nos institutions ainsi que sur la notion de « musique improvisée » qui serait peut-être plus en phase avec les besoins de communication ?

Jazz ist vielmehr eine Herangehensweise als ein Begriff, der stilistisch wirken könnte. Jazz bedeutet nicht nur eine vielfältige und vielschichtige Improvisationskultur, sondern auch von Anfang an, eigene Musik zu kreieren, um die Bereiche der Improvisation, Komposition und Producing durchlässig bzw. sich gegenseitig beeinflussend zu halten. Ob das Wort so im 21. Jahrhundert bestehen bleibt, ist eine der spannenden Entwicklungen, die beobachtet werden können, zumal die Institutionen in anderen Ländern auch durchaus andere Begriffe geltend machen, wie Musiques Actuelles (ergänzend zu «contemporaine»), Rhythmic Music, Improvised Arts oder andere «Pointers», welche in diese Richtung zeigen.

Que développe la ZHdK pour l’année prochaine au niveau des importants changements concernant le département que vous dirigez ?

Wir diversifizieren unser Angebot im Bereich der Performance, wo wir neue Major-Programme in Jazz und Pop entwickelt haben für die Studierenden. Weiterhin starten wir im Herbstsemester 2023 unseren neuen Minor-Programme «Producing Basic» und «Producing Advanced», die den kommenden Studierenden ein komplettierendes Angebot im Bereich der Kreation eröffnen werden. Ausserdem wird gegenwärtig mit deutlich mehr Frauen und Diversität im Team und in den Gremien ein Zeichen gesetzt für zukünftige Studierende. Wir hoffen, dass sich die zukünftige Studierendenschaft parallel dazu diverser entwickeln wird. Wir versuchen hier jede Unterstützung zu geben.

 

 

Eine sehr persönliche musikalische Sprache

Der Drummer, Percussionist und Producer Gregor Hilbe hat über die Jahre eine sehr persönliche musikalische Sprache entstehen lassen, die die Direktheit und Körperlichkeit repetitiver Rhythmen und die Sinnlichkeit elektronischer Ästhetik vereint und einen Katalog von Produktionen in vielen verschiedenen ästhetischen und ethnischen Kontexten geschaffen hat.

Aufgewachsen in einer kosmopolitischen Familie führte seine frühe Faszination für die Klänge von Miles Davis, Weather Report und den Sounds der 80er-Jahre dazu, dass er sich im Alter von 11 Jahren in den Minimoog verliebte: Die Elektronik wurde sein zweites Instrument.

Mit 16 Jahren nahm er Unterricht bei Jojo Mayer und trat in dessen Fussstapfen als Schlagzeuger des Vienna Art Orchestra. Nach seinem Studium an der Kunstuniversität Graz kamen unzählige freiberufliche Aktivitäten, darunter Auftritte mit den Künstlern Mark Murphy, Theo Bleckman, Christian Zehnder, Nguyen Lê, Nils Petter Molvaer, Sheila Jordan, Kurt Elling, Art Farmer, Bob Mintzer, Joseph Bowie, Monica Zetterlund, Sebastian Studnitzky etc.

In den 90er-Jahren gründete er «Tribal Poetry» mit dem ToySun Collective in Paris und machte die tiefgreifende Erfahrung, Tony Allen zu treffen, mit dem er bei Comet Records zusammenarbeitete. Weitere Kollaborationen waren «Avril» mit Laurent Garniers Label F-Comm, gefolgt von ausgedehnten Tourneen (Glastonbury, Montreux, Dour etc.).

Die kosmopolitische Geschichte der Familie und die 20 Jahre, die er in Paris, London und Berlin verbracht hat, haben einen Sound geformt, der den Zeitgeist mit ethnischen Einflüssen verbindet.

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