Eine sinnvolle Hürde!Der erste Schritt ins Musikstudium
Das Bestehen der Aufnahmeprüfung ist der erste Schritt in das Musikstudium. Studierende von zwei Musikhochschulen berichten, welche Bedeutung die Aufnahmeprüfung für sie hatte, welche Vorbereitungen sie getroffen haben und welche Ratschläge sie zukünftigen Studierenden mit auf den Weg geben möchten.
MK — Die Hochschulgesetzge- bung sieht schweizweit vor, dass nebst Matura oder gleichwerti- gen Schulausbildungen für die Zulassung zu Bachelor-Ausbildungen bei Musik und Künsten eine Eignungsprüfung abgelegt werden muss.
Dies aus dem einfachen Grund, dass allein die schulische Ausbildung (bsp. Maturität) in diesem Bereich keine umfassende Ausbildung (und Praxis) garantiert. Alle Schweizer Musikhochschulen führen deshalb diese Eignungsprüfungen durch – die Grundregeln und die terminlichen Abstimmungen werden über die KMHS (Konferenz der Musikhochschulen Schweiz) harmonisiert.
Grundsätzlich, aber immer auch in regionaler Ausprägung je nach Hochschule und je nach Studiengang, wird zum Zugang zu den BA-Studiengängen eine praktische und eine theoretische Prüfung verlangt. In der praktischen Prüfung wird ein Vortragsspiel auf dem Hauptinstrument erwartet, ebenso sind oft Pflichtstücke (kurzzeitige Vorbereitung) und Blattlesen verlangt.
Die Theorieprüfungen umfassen je nach Disziplin mündliche und schriftliche Gehörübungen, Melodiediktate, Rhythmusübungen, Harmoniekenntnisse, usw. Oft werden an den Eignungsprüfungen mit den Kandidierenden Gespräche geführt. Nach bestandener Prüfung (meist März-April) bieten die Hochschulen den erfolgreichen Kandidierenden Studienplätze an. Sie führen gleichzeitig Wartelisten, falls bei einem Instrument nicht genügend Studienplätze angeboten werden können. In einem Abkommen unter den Hochschulen gilt der 1. Juni als Stichtag für die Studierenden zur Annahme eines Studienplatzes und zur definitiven Aufnahme in die Hochschule. Die Hochschulen können danach definitiv planen und «Nachrutschende» von Wartelisten aufnehmen.
Aus Sicht der KMHS sind die BA-Eignungsprüfungen für Studieninteressierte ein wichtiges Instrument: Dies einerseits zur Qualitätssicherung des Studienbetriebs (tiefe Drop-out-Quote während dem Studium), andererseits im Interesse der Studierenden, reelle Chancen für das erfolgreiche Absolvieren des Studiums zu haben.
Wichtig: Terminliche und inhaltliche Details zu den Anforderungen sind immer bei der jeweiligen Hochschule abzufragen, sie sind je nach Hochschule unterschiedlich. Die meisten Hochschulen stellen Übetools und Workshops für die Vorbereitungen der Theorieprüfungen zur Verfügung. Auch hier geben die Webpages der einzelnen Hochschule Auskunft.
Matthias von Orelli — Matteo Gualandi (Haute Ecole de Musique de Genève: 3e année de Bachelor en composition à Genève dans la classe de Michael Jarrell), Gabriela Glaus (Hochschule Luzern – Musik: Master of Arts in Musikpädagogik, Major Schulmusik II, Hauptfach Gesang Klassik sowie Präsidentin des Studierendenrates an der Hochschule Luzern) und Roman Halter (Hochschule Luzern – Musik: Bachelor of Arts in Music mit Hauptfach Klavier) im Gespräch.
Matteo Gualandi, quand avez-vous décidé de passer l’admission, et où avez-vous passé votre examen d’entrée ?
J’ai décidé de passer mon examen d’entrée en bachelor de composition à la haute école de musique de Genève en décembre 2015, après y avoir réfléchi avec mes professeurs en Italie.
Gabriela Glaus, wann fiel dieser Entscheid bei Ihnen?
Ich habe mich in meinem Maturajahr dazu entschieden die Auf- nahmeprüfung zu machen. Ich hatte jedoch schon länger den Wunsch, mein Hobby zum Beruf zu machen. Dazu habe ich die Aufnahmeprü- fung in Zürich und in Luzern ab- solviert.
Roman Halter, wie sah die Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung genau aus?
Bereits zu Beginn der Klasse für Studienvorbereitung haben mein Klavierlehrer und ich uns anhand der Prüfungsbedingungen der je- weiligen Hochschulen die Stücke ausgesucht, welche wir während den ungefähr acht uns verbleibenden Monaten bis zu den Prüfungen im April 2017 erarbeiten wollten. Die Gehörbildungs-, Theorie- und Diktatkurse bereiteten uns auf den schriftlichen und mündlichen Teil der Aufnahmeprüfung vor. Einige Monate vor den Prüfungen ging ich verschiedenen Klavierdozenten an unterschiedlichen Hochschulen vorspielen, um ihre Rückmeldungen zu erhalten und mehr über ihre Unterrichtsweise zu erfahren. Je näher die Aufnahmeprüfungen rückten, desto emotionaler wurde die Vorbereitungsphase. Es folgten Tage, an denen ich ein gutes Gefühl hatte, andere, an denen der Selbstzweifel mich aufzufressen drohte. Um eine Woche vor der Aufnahmeprüfung die Prüfungssituation zu üben, spielte ich nebst den öffentlichen Konzertabenden und den vielen Klassenstunden in Basel mein komplettes Programm für die Aufnahmeprüfung meinem ehemaligen Klavierlehrer am Gymnasium vor. So konnten die letzten Schwachpunkte der einzelnen Stücke ausfindig gemacht werden, die man dann noch beheben konnte.
Gabriela Glaus: Ich wurde in meinem letzten Jahr an der Kantons- schule in das Begabtenförderungs-programm für Musik aufgenommen. Von nun an hatte ich zusätzliche Theorielektionen, die mich vor allem auf den theoretischen Teil vorberei-tet haben. Ich habe mir dazu die Musterprüfungen auf den Internetseiten der Hochschulen angeschaut, jedoch nicht spezifisch für diese gelernt. Für die Aufnahmeprüfung in Zürich habe ich einer Dozentin vorgesungen und war zwei Mal bei ihr in der Stunde, um mich beraten zu lassen, ob eine Aufnahme überhaupt möglich wäre. Sie konnte mir gute Tipps geben und hat mich bei der Auswahl der Stücke für das Vorsingen beraten.
In Luzern war ich nicht vorsingen, ich kannte meine Dozentin jedoch bereits vom Besuchstag und war mir sicher, dass unsere Zusammenarbeit funktionieren würde. Meine Gesangslehrerin an der Kantonsschule hat mich zudem auch immer gut beraten, und durch die Aufnahme in das Begabtenförderungsprogramm hatte ich jede Woche eine Zusatzstunde.
Wie ist die Aufnahmeprüfung genau abgelaufen und wie haben Sie diese persönlich erlebt?
MG : L’examen s’est plutôt bien passé, c’était dur mais je m’y attendais. Je me rappelle que c’était impressionnant de voir toutes les professeures et tous les professeurs du département me juger pendant l’oral sur les différentes épreuves et me poser des questions sur mes partitions.
GG: In Luzern fand zuerst der praktische Teil, das Vorsingen, statt. Zuerst liest man ein Stück vom Blatt, dann darf man selbst ein Stück aus dem eigenen Programm auswählen, welches man vorsingen möchte, anschliessend entscheidet das Gremium, welche weiteren Stücke sie gerne noch hören möchte. Nach dem Vorsingen beraten sich die Dozierenden und geben anschliessend ein kleines Feedback, bei dem mitgeteilt wird, ob man die Aufnahmeprüfung bestanden hat. Natürlich war ich an der Prüfung nervös, und deshalb lief das Blattlesestück total schlecht, so dass die Dozenten sogar mitgesungen haben. Das anschliessende Vorsingen ist mir aber gut gelungen, und glücklicherweise haben die Dozenten als weiteres Stück eines gewählt, in welchem ich sehr sicher war und welches super zu mir gepasst hat. Am gleichen Tag fand dann die Theorieprüfung statt. Diese bestand aus einem Melodiediktat und dann einem mündlichen Teil, bestehend aus Intervalle- und Dreiklänge-Hören, Rhythmusaufgaben-Singen, Blattlesen und dem Vortragen eines kleinen Klavierstückes. Ich habe mich während dieser Prüfung sicher gefühlt, und sie ist mir gut gelungen. Bereits nach diesem Tag wusste ich, dass meine Prüfung bestanden war. Jetzt musste mir nur noch der Studienplatz bestätigt werden.
RH: Grundsätzlich unterschieden sich die Aufnahmeprüfungen der einzelnen Hochschulen nicht allzu stark: Überall durfte man selber wählen, mit welchem Stück man beginnen möchte. Anschliessend wurden Ausschnitte aus den anderen vorbereiteten Stücken von der Jury ausgewählt. Schliesslich folgte ein Gespräch, in welchem die Jury einem Fragen – wie zum Beispiel zu persönlichen Zielen oder was man vom Studium erwartet – stellte. Zudem musste für das Bestehen der Aufnahmeprüfung eine theoretische bzw. mündliche Prüfung absolviert werden. Bei allen Aufnahmeprüfungen war ich sehr nervös, da vom Resultat der Aufnahmeprüfungen sehr viel über den weiteren Verlauf meiner Zukunft abhängen würde.
Die Zeit bis zum Entscheid, ob die Prüfung bestanden wurde oder nicht, war sicherlich nervenaufreibend…
GG: Nun, ich wusste ja bereits, dass die Prüfung bestanden war und musste nur noch auf die Bestätigung des Studienplatzes warten. Diese bekam ich zu meiner Überraschung nach drei Tagen, deshalb gab es für mich keine lange Wartezeit.»
RH: Während den Tagen, in denen ich auf das Resultat meiner Prüfungen wartete, versuchte ich mich abzulenken und nicht ständig an die Prüfungen zu denken, indem ich viel nach draussen ging.
Comment avez-vous pris connaissan-ce du résultat de l’examen d’entrée, et quelle a été votre impression ?
MG : J’ai vu les résultats sur une feuille affichée à l’entrée de l’école. Comme j’avais réussi l’examen, j’étais très content.
GG: Das Prüfungsergebnis bekam ich bereits am Tag der Prüfung mündlich. Der Studienplatz wurde mir in einem Brief per Mail bestätigt. Ich habe mich riesig gefreut, vor allem da ich von nun an meinen Beruf zum Hobby machen konnte, und bin sofort zu meiner Mutter gerannt, die sich dann mit mir gefreut hat. Ich war erleichtert, dass die Aufnahmeprüfung beim ersten Versuch geklappt hat und vor allem auch, dass mir nun endlich klar war, was ich nach meiner Matura machen werde. Aber ich war auch ein bisschen angespannt, da ich nun mit gerade mal siebzehn Jahren von zuhause in eine neue Stadt ziehen würde.
RH: Einige Tage nach der Aufnahmeprüfung in Luzern öffnete ich meinen E-Mailaccount. Unter den erhaltenen Mails befand sich eine von der Hochschule Luzern. Als ich den Anhang mit dem Prüfungsresultat öffnete, schlug mein Herz bis zum Hals. Im Anhang stand geschrieben, dass ich die Aufnahmeprüfung bestanden hätte und für mich ein Studienplatz reserviert sei. Ich verspürte einen riesigen Moment der Erleichterung, purer Freude und grosser Zufriedenheit.
Comment résumeriez-vous l’expé-rience de l’admission ? Et quels sont vos conseils pour les futurs étudiants qui passent l’examen d’entrée ?
MG : C’était une expérience positive et assez intense. Je pense que le meilleur conseil à donner, c’est de bien se préparer aux rencontres individuelles avec le jury pour l’affronter au mieux et donner une bonne impression.
GG: Für mich war die Aufnahmeprüfung eine gute Erfahrung. Sie verlangt, dass man sich vor dem Studium bereits genauer mit dem Studiengang auseinandersetzt, und ich bin der Überzeugung, dass man sich so viel bewusster ist, was einem als Musikstudent erwartet. Zudem gehört Vorspielen zum Beruf des Musikers. Es ist klar, dass man nervös ist, jedoch wird einem dieser Moment im ganzen Leben immer wieder begegnen. Gute Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung ist die halbe Miete. Meine Ratschläge für Studierende:
Informiert euch frühzeitig, wie sich der Inhalt der Prüfungen gestaltet. Geht, falls möglich, eurem Wunschdozenten vor der Aufnahmeprüfung vorspielen, denn diese Leute können einem immer wertvolle Tipps geben, und man findet schnell heraus, ob es passt.
Bereitet euch auch auf den Theorieteil seriös vor, sei dies in einem Spezialangebot der Kantonsschule oder in einem der Hochschule selber.
Sucht für die praktische Auf- nahmeprüfung Stücke aus, die ihr gerne singt oder spielt und die euch gut liegen. Nehmt lie- ber ein Stück, welches nicht ganz so schwer ist. Die Dozenten wollen nicht eure äussersten Grenzen sehen, sondern Mu- sikalität und Kreativität in der Interpretation.
Falls ihr bei euren Stücken einen Korrepetitor braucht wird die- ser meistens von der Hochschule gestellt. Passt deshalb bei der Stückwahl auf, dass diese vielleicht nicht gerade die virtuoseste Klavierbegleitung haben, klebt zudem unbedingt die Noten, denn wenn der Korrepetitor nicht weiterspielen kann wegen Notenchaos, tut ihr euch selbst keinen Gefallen.
Reist, wenn ihr aus einer anderen Stadt kommt, genug früh an, damit ihr nicht in den Stress kommt. Zieht euch etwas Bequemes und Hübsches an, worin ihr euch wohlfühlt, und nehmt eine kleine Stärkung mit.
Und vielleicht der wichtigste Punkt: zeigt, dass ihr Spass habt und ihr gerne Musik macht.
RH: Die Zeit der Aufnahmeprüfungen war eine emotionale Berg- und Talfahrt. So sollte man sich von Selbstzweifeln und allfälligen Zweifeln anderer Leute nicht übermannen lassen. Ich finde es sehr wichtig, sich von Anfang an gezielt auf die Prüfungsbedingungen vorzubereiten und die zur Verfügung stehende Zeit optimal zu nutzen. Auch einen Lehrer zu haben, der einen motiviert und weiss, wie man die Stücke und deren Schwierigkeiten am besten angehen soll, war für mich sehr viel wert.